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Doch noch ein guter Vorsatz?
Notat to go zum Jahreswechsel
Die Stichworte waren bereits notiert: der Echtzeit-Schock. Wir leben mit dem Liveticker. Was in der Welt geschieht samt Prognose, was morgen sein wird, ist jetzt da. Erzählungen mit einem Ablauf der Handlung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind perdu. Gefragt ist das Reality-Fernsehen. Nur das Hier und Jetzt zählt. Im Kontrast dazu der Gedanke des Philosophen Martin Seel: Für die Freiheit eines modernen Menschen sei es bestimmend, Erfüllung gerade im Unerwarteten zu erleben. Wer denkt da noch linear vorwärts, will mit guten Vorsätzen gestalten, was besten Falls als Überraschung auf uns zukommt? Das utopische Denken von den Schwertern, die zu Pflugscharen werden, von den abgewischten Tränen - von vorgestern.
Beim Aufschreiben verwerfe ich mein Fazit. Mich überfällt die Erkenntnis: Barbara, du wirst alt. Mit 14 wollte ich doch noch die Welt retten. Und jetzt? Abwarten und Tee trinken? Als ob wir in der besten aller möglichen Welten lebten; als ob es nichts gäbe, was in meinem Leben besser laufen könnte; als ob es genüge, Gemüse aus ökologischen Anbau und Kaffe mit Fairtrade-Siegel zu kaufen, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen; als ob es keine Alternative gäbe zum kapitalistischen Wirtschaften; als ob ich nicht mehr zu denken wagte: "Trott ist der Teufel".
Schwuppdiwupp ist er da, der Vorsatz am Anfang des Jahres: Achtsam zu sein für das Neue, wachsam, wo eine Geste des Protests den Raum öffnet für ein anderes Leben.
Dazu gibt's das Gottes-Vademecum des Propheten Jesaja: "Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr's denn nicht?"
Barbara Schenck, 31. Dezember 2013 / 1. Januar 2014