Unter der Gesprächsleitung von Monika Korbach (Frauen- und Bildungsarbeit der Lippischen Landeskirche) und Pfarrer Dieter Bökemeier (ev.-ref. Kirchengemeinde Detmold-Ost) diskutierten Fritz Vogt (Ein-Mann-Raiffeisenbank Gammesfeld), Christian Müller (Bank für Kirche und Diakonie), Wolfgang Belitz (westfälischer Sozialpfarrer i.R.) und Antje Schneeweiß über Ursachen und Folgen der Finanzmarktkrise. Den Zuhörern im voll besetzten Saal des Gemeindehauses empfahl Antje Schneeweiß, sich bei der Wahl der Anlageform an ethischen Werten zu orientieren: „Wenn wir alle, die wir unser Geld Banken und Sparkassen anvertrauen, bei der Geldanlage soziale und ökologische Kriterien einfordern, so müssten Unternehmen ihr Verhalten ändern.“
Christian Müller vom Vorstandsstab der KD-Bank berichtete von „Verwerfungen“ auf dem Finanzmarkt, hervorgerufen durch Banken, die unter den staatlichen Schutzschirm geflüchtet seien. Diese von Staatsbürgschaften gestützten Finanzinstitute machten mit sehr günstigen Zinsangeboten nun anderen Banken das Leben schwer. Die KD-Bank als Verwalterin kirchlicher Gelder und Kreditgeberin für diakonische Einrichtungen sei immer mit den ihr anvertrauten Einlagen sehr verantwortungsbewusst umgegangen. Seit einem Jahr wende die KD-Bank einen sogenannten „Nachhaltigkeitsfilter“ an. Diese in Zusammenarbeit mit dem Südwind-Institut entwickelte Anlagerichtlinie stelle sicher, dass die Bank ihre Eigenanlagen nicht nur unter finanziellen sondern auch nach sozialen und ökologischen Gesichtspunkten prüfe. Der KD-Bank anvertraute Kundengelder würden z. B. keinesfalls investiert in die Herstellung von Waffen oder in Unternehmen mit systematischer Kinderarbeit. Die jetzige Krise an den Finanzmärkten, so Müller, sei auch dadurch hervorgerufen worden, dass Bankmanagern zu hohe Boni für riskante Spekulationen gezahlt worden seien.
Fritz Vogt, der bis zu seinem Renteneintritt im vergangenen Jahr vier Jahrzehnte einziger Angestellter und gleichzeitig „Bankchef“ der Raiffeisenbank im schwäbischen Gammesfeld war, sagte, dass der Umgang mit Geld zwei Seiten habe. Ein „ethischer Umgang“ zeichne sich durch „Vertrauen und Verantwortung“ aus, während die „Pathologie des Geldes“ gekennzeichnet sei durch „Gier und Profit“. Die Großbanken hätten die Bodenhaftung verloren. 90 Prozent des global kursierenden Kapitals sei „Luftgeld“, das nicht durch reale Werte gedeckt sei. In Deutschland würden 350.000 Finanzmarktprodukte angeboten. In seiner „Ein-Mann-Raiffeisenbank“ gebe es nur drei Produkte: Sparbuch, Girokonto, Kredit.
Wolfgang Belitz bewertete als eine Krisenursache den seit Mitte der 1980er Jahre eingeleiteten „Abschied von der sozialen Marktwirtschaft“. Weil der „deregulierte Neokapitalismus“ in die Krise geführt habe, forderten große Banken und Unternehmen jetzt einen „Kapitalismus ohne Risiko“. Ohne staatliche Hilfe sei ein Ausweg aus der Krise nicht zu finden, räumte Belitz ein. Das Finanzsystem sei ein öffentliches Gut, das der öffentlichen Kontrolle unterliegen müsse. Die staatlichen Bürgschaften hätten jedoch ihren Preis: „Den angerichteten Scherbenhaufen müssen wir alle bezahlen.“
Das Saxophon-Quartett AbraxSax und gute Weine des Eine-Welt-Ladens Alavanyo sorgten für den angenehmen Rahmen der zweiten Veranstaltung im Rahmen der Reihe „Marktplatzgespräche“