Wichtige Marksteine
Reformierte im Spiegel der Zeit
Geschichte des Reformierten Bunds
Geschichte der Gemeinden
Geschichte der Regionen
Geschichte der Kirchen
Biografien A bis Z
(1528–1572)
Jeanne d´Albret (1528–1572) war die bedeutendste Frau in der Geschichte der Hugenotten im 16. Jahrhundert. Besonders in ihrem Witwenstand, in den letzten zehn Jahren ihres Lebens, baute sie eine reformierte Kirche in Béarn auf und war das politische Oberhaupt der Hugenotten im dritten Religionskrieg (1568–1570). Nach 1570 versuchte sie, die Reformierten zu schützen und ihnen einen gesicherten Platz in der Gesellschaft zu verschaffen. Sie handelte für die Hugenotten den Friedensschluss von St. Germain 1570 aus, und durch die Heirat ihres Sohnes Heinrich (später Heinrich IV. von Frankreich) mit Margarete von Valois, Schwester des Königs Karl IX. von Frankreich, strebte sie eine enge Verbindung von Hugenotten und Katholiken an.
Keine andere Frau hatte eine solche Machtposition unter den Hugenotten in Frankreich inne. Sie war respektiert und gefürchtet in Rom und Madrid, alliiert mit Elizabeth von England und befreundet mit Katharina von Medici – keine unkomplizierte Freundschaft zwischen zwei starke Frauen.
Sie sorgte dafür, dass ihre Kinder – Heinrich und Katharina – im reformierten Glauben erzogen wurden. Jahrelang kämpfte Heinrich als Anführer der Hugenotten und von einer Machtbasis in Südfrankreich aus um die französische Krone, bis er 1589 König von Frankreich wurde und schließlich 1593 zum katholischen Glauben übertrat, um das Land zu befrieden.
Jeanne d´Albret war nicht nur Mutter ihres berühmten Sohnes, sie war auch selbst eine machtvolle Frau in Frankreich, da ihre Position als Anführerin der Hugenotten ihr einen Einfluss weit über die Grenzen ihres kleinen Königreiches zusicherte.
Jugend und Ehe (1528-1555)
Jeanne d´Albret wurde am 7. November 1528 auf dem Schloss Blois von Margarete und Heinrich II. von Navarra geboren. Ihre Mutter wusste angeblich, dass sie eine Tochter gebären würde, ihr sehnlichster Wunsch war freilich nach einem Sohn. Jeanne blieb das einzige Kind aus dieser Ehe, Margarete von Navarra gebar zwar kurz danach einen Sohn, der als Kleinkind starb, und alle übrigen Hoffnungen auf Schwangerschaften zerschlugen sich.
Die kleine Prinzessin konnte von ihrem Vater das Königreich Navarra erben, weil dort das salische Gesetz, das in Frankreich weibliche Thronerben verbot, nicht gültig war. Außerdem war das vicomté Béarn selbständig. Deswegen waren die zwei Großmächte Spanien und Frankreich zutiefst an diesen Grenzregionen interessiert. Frankreich wollte seine Südgrenze verteidigen, und Spanien beide Seiten der Pyrenäen besitzen, um in Frankreich einfallen zu können. Zudem war die väterliche Familie von Albret Großgrundbesitzer in Südwestfrankreich und damit Vasall des französischen Königs. Das frühere Aquitanien hatte mehrere hundert Jahre der englischen Krone gehört und war spät von England aufgegeben worden. Im 16. Jahrhundert wurde das Gebiet meistens als Guyenne bezeichnet.
In ihren jungen Jahren wuchs Jeanne in der Normandie auf. Ihre Mutter, Margarete von Navarra, hatte die Aufgabe, die königlichen Kinder ihres Bruders, Franz I., zu erziehen. Sie gab Jeanne in die Obhut ihrer Freundin Aymée de Lafayette, Vogtin von Caen. Man behauptet, sie sei die Vorlage für die Figur Longarine in Heptameron (vgl. Nielsen). Nach meiner Auffassung sind die Erzähler/innen im Heptameron, die sogenannten devisants, eher Typen als historische Persönlichkeiten, die Figur der Longarine ist allerdings eine sehr sympathische Frau mit Humor und Pfiff. Wenn Aymée de Lafayette die Vorlage zu Longarine abgegeben haben soll, deutet alles darauf hin, dass Margarete sie sehr schätzte und meinte, ihre Tochter sei bei ihr gut aufgehoben.
Jeanne wuchs in einem landadligen Milieu auf, umgeben von Wald, Wiesen und Tieren, mit den Mitgliedern der Familie von Aymée de Lafayette als Bezugspersonen, bis sie zehn Jahre alt war. Ihre Mutter sah sie selten, aber jedes Mal, wenn sie krank war, war Margarete sofort zur Stelle. 1538 ließ Franz I. sie nach Plessis-lez-Tours bei der Loire übersiedeln, da sie jetzt ein Alter erreicht hatte, wo sie auf dem Heiratsmarkt von Interesse war. Der König konnte über seine Verwandte entscheiden und Ehen arrangieren, wie es ihm passte.
1540 war es für Jeanne so weit. Herzog Wilhelm der Reiche von Kleve-Jülich-Berg hatte 1538 das Herzogtum Geldern geerbt. Sein Erbanspruch wurde von Kaiser Karl V. angefochten und auf dem Reichstag zu Regensburg wurde dem Kaiser Geldern zugeteilt. 1539 folgte Wilhelm seinem Vater auf dem Thron nach, und um sich vor den Ansprüchen des Kaisers zu schützen, arrangierte er eine Ehe mit Heinrich VIII. von England für seine Schwester Anna, und selbst verbündete er sich mit Franz I. Als Unterpfand für dieses Bündnis sollte er Jeanne d´Albret heiraten.
Was jetzt passierte, ist absolut ungewöhnlich: Jeanne weigerte sich. Die Zwölfjährige ließ ihrem Onkel wissen, dass sie den Herzog nicht heiraten möchte, und sie ließ zwei Schreiben aufsetzen, in welchen sie erklärte, dass sie gegen ihren Willen zu dieser Ehe gezwungen worden sei. Natürlich konnte sie sich nicht auf Dauer gegen den Willen des Königs auflehnen, aber bei der Hochzeitszeremonie am 14. Juni 1541 weigerte sie sich, zum Altar zu schreiten, stattdessen musste sie getragen werden. Ihr Jawort war nicht hörbar und wegen ihres Alters wurde die Ehe nicht vollzogen, der Herzog setzte nur symbolisch ein Bein in ihr Bett. Nach der Hochzeit kehrte er zurück nach Düsseldorf, während Jeanne vorläufig in Frankreich blieb.
1543 griff Kaiser Karl Kleve-Jülich-Berg an, der Herzog wurde geschlagen und musste Geldern Karl V. überlassen. Am Frieden von Venlo im September 1543 hob er das Bündnis mit Franz I. auf und verbündete sich stattdessen mit dem Kaiser. Damit war auch die französische Ehe hinfällig geworden, 1545 wurde sie vom Papst wegen Nichtvollzug annulliert, und der Herzog vermählte sich mit einer Nichte des Kaisers.
Nach kanonischem Recht durfte bei einer Eheschließung keine Zwang im Spiel sei. Die Eheleute mussten ihr Gelübde frei abgeben. Damals konnten junge Frauen aus adligen oder königlichen Familien sich ihre Ehepartner nicht selbst aussuchen, sondern wurden als politische Garanten vermählt, und die meisten fanden sich damit ab, weil das ihr Standesbild entsprach. Jeannes Ablehnung, so wie ihre Kenntnis des kanonischen Rechts, ist erklärungsbedürftig.
Eine mögliche Erklärung ist, dass ihre Eltern für sie eine Ehe mit dem Kronprinzen Philipp von Spanien anstrebten. Königin von Spanien war natürlich prestigeträchtiger als Herzogin von Kleve zu sein, aber vor allem erhoffte sich ihr Vater damit den spanischen Teil von Navarra zurückzugewinnen. 1512 hatten die Spanier Navarra, das Baskenland, bis zu den Pyrenäen erobert und den Albrets nur das winzige Gebiet auf der französischen Seite gelassen. Seitdem überlegten sich die Könige von Navarra, wie sie zu ihrem ganzen Erbe kommen konnten, und eine Ehe zwischen dem Infanten von Spanien und der zukünftigen Königin von Navarra würde genau dies herbeiführen.
Jeanne war möglicherweise auch beeinflusst von einer Erklärung der Ständeversammlung von Béarn, die eine auswärtige Ehe für ihre Kronprinzessin ablehnte.
Sah Jeanne d´Albret ihre Zukunft gefährdet durch eine Ehe mit dem Herzog von Kleve? Oder tat sie, was ihre Eltern wünschten, statt des Königs Willen zu erfüllen? Stammten ihre Kenntnisse des kanonischen Rechts von denen? Margareta von Navarra schrieb ihrem Bruder, sie habe keine Ahnung, was in das Mädchen gefahren sei, aber stimmt das? Hat sie Jeanne mit ihrer Ablehnung der Ehe geholfen aus Liebe (Cholakian & Cholakian), oder aus Ehrgeiz? Es besteht kein Zweifel, dass königliche Kinder damals frühreif waren und in jungen Jahren schon an ihre späteren Aufgaben geführt wurden, trotzdem ist die Zähigkeit und Sturheit des Mädchens erstaunlich.
1547 starb Franz I. und als Jeanne zwanzig Jahre alt war, bot der Nachfolger, Heinrich II. von Frankreich, ihr gleich zwei Heiratskandidaten an: den Herzog Franz von Aumale (der spätere erzkatholische Herzog Franz von Guise) und Anton von Bourbon, Herzog von Vendôme. Der letztere war Erbprinz und vielleicht deshalb für Jeanne die bessere Partie, obwohl er relativ arm war. Er war hochgewachsen – was für einen Bourbon eher selten war – und charmant, wie alle Männer in seiner Familie scheint er ein unverbesserlicher Schürzenjäger gewesen zu sein. Heinrich IV. von Frankreich, der vert galant, hatte seine ausgelebte Sexualität nicht von Fremden, ebenso wenig wie sein militärisches Können und seinen Mut.
Jeanne und Anton von Bourbon heirateten 1548 und sie war überglücklich. Heinrich II. schrieb in einem Brief, dass er selten eine Braut erlebt habe, die immer nur lachte. Diese Ehe war aus Liebe geschlossen, und Anton von Bourbon nahm seine Frau mit, als er in den Krieg zog. Der Kriegsschauplatz war Flandern, und da der Herzog Güter in Nordfrankreich besaß, zog Jeanne in den ersten Jahren ihrer Ehe von Schloss zu Schloss, immer in der Hoffnung, dass sie und Anton von Bourbon sich treffen könnten.
1551 gebar sie ihren ersten Sohn und gab ihn an Aymée de Lafayette, die sie selbst erzogen hatte. Ob nun Frau de Lafayette alt oder übervorsichtig geworden war, der kleine Herzog von Beaumont starb als Kleinkind, angeblich weil er von Wärme erstickt worden sei.
Bald wurde Jeanne wieder schwanger, und während ihr ältester Sohn in Nordfrankreich geboren war, sollte das zweite Kind in Béarn zu Welt kommen. Sie unternahm die lange Reise nach Süden und kam gerade rechtzeitig in Pau an, 14 Tage bevor sie von ihrem zweiten Sohn, Heinrich, auf dem Schloss in Pau entbunden wurde. Es wurde entschieden, dass dieser Junge in Pau bleiben sollte. Der Großvater, Heinrich d´Albret, wollte wahrscheinlich mit diesem kleinen Prinzen die Erbfolge in Béarn und Navarra sichern. Die Legenden von der rauen Erziehung Heinrichs seitens des Großvaters können jedoch nicht wahr sein, allein weil das Kind die ersten Jahre von Ammen betreut wurde, und der Großvater starb, als es zwei Jahre alt war. Es scheint in Béarn Sitte gewesen zu sein, die Lippen des Täuflings mit Rotwein und Knoblauch einzureiben, eine Taufe à la Gascogne, aber die Mär, dass Heinrich barfuß unter den Hirten in den Bergen aufgewachsen sein soll, ist reine Legende. Der spätere Hauslehrer Heinrichs, Palma Cayet, schrieb, als Heinrich schon König von Frankreich war, seine Biographie, und daher stammt der Bericht vom Opa und von seiner rauen Erziehung. Dieser Kindheitsbericht ist eher Propaganda des Königs, wie er gerne gesehen werden möchte.
Tatsächlich kam Heinrich in die Obhut der Familie de Miossens, die auf dem Schloss Coarraze wohnte. Die Frau, Suzanne de Bourbon-Miossens, war eine Cousine von Jeanne. Heinrich wurde demnach genau wie seine Mutter als Landadliger erzogen, und er wuchs in einer Familie mit anderen Söhnen auf, die als Erwachsene seine Gefolgsleute werden sollten. Als seine Mutter den Thron erbte, wurde er schon als Kleinkind als Kronprinz behandelt.
Die zwei Jahre zwischen Heinrichs Geburt 1553 und ihre Thronbesteigung 1555 verbrachte Jeanne wiederum in Nordfrankreich in der Nähe ihres Gatten. In dieser Zeit gebar sie einen dritten Jungen, der jedoch nicht lange lebte. Es muss hinzugefügt werden, dass Anton von Bourbon 1554 einen außerehelichen Sohn, Karl von Bourbon, mit einer Hofdame bekam. Jeanne hatte bereits mehrere Onkel, die illegitim waren, und sie scheint den kleinen Karl in ihrer Familie aufgenommen zu haben. Er wurde später Erzbischof von Rouen.
Erst als der Vater gestorben war, zog sie als Königin nach Pau und obwohl sie die Erbin war, ließ sich ihr Mann als König huldigen, was die Ständeversammlung eigentlich gar nicht wollte, dennoch ordneten sie sich dem Willen Jeannes unter.
Königin an der Seite von Anton von Bourbon (1555–1560)
Ihr Vater hatte Jeanne ein blühendes Land hinterlassen. Er hatte Industrien nach Béarn geholt, das Steuersystem effektiv gestaltet und für den religiösen Frieden gesorgt. Große Einkünfte entstanden auch durch seine Posten als Gouverneur und Admiral der französischen Krone in Guyenne. Anton von Bourbon bekam diese Posten nach seinem verstorbenen Schwiegervater, und später hat sein Sohn, Heinrich von Navarra, sie übernommen. Jeanne und Antoine standen als die größten Grundbesitzer Südwestfrankreichs finanziell sehr gut da.
1555 find Calvin seine missionarische Tätigkeit in Frankreich an. Reformierte gab es in Südwestfrankreich zu diesem Zeitpunkt längst, weil Margareta von Navarra sie mit Predigern unterstützt hatte und Gérard Roussel, einen Reformkatholiken, als Bischof in Orthez, eingesetzt hatte. Dieser Roussel war einmal Weggefährte Calvins gewesen, und dieser warf ihm vor, nicht konsequent genug zu sein, als er die Stelle als katholischer Bischof trotz seiner reformatorischen Sympathien annahm (CStA I,1).
Als Königin hatte Jeanne bei ihrer Krönung versprechen müssen, die katholische Religion zu verteidigen. Am selben Tag, nachdem sie diesen feierlichen Eid abgelegt hatte, schrieb sie an einen Vasallen, dem vicomte von Gourdon, und erzählte ihm, sie wolle über die Förderung des reformierten Glaubens im kleinem Kreis heimlich beraten. Dieser Brief ist Teil eines Briefwechsels mit zwei vicomtes de Gourdon, Vater und Sohn, die die gesamte Regierungszeit Jeannes überdauerte. Die Briefsammlung wurde im vorigen Jahrhundert entdeckt und gibt viele neue Einsichten in die Vorhaben und die Beweggründe Jeannes. Da die entdeckten Briefe uns nur als teilweise fehlerhafte Kopien vorliegen, haben viele Forscher die Briefe als Fälschungen abgetan (Text und Diskussion bei Bryson).
Der erste Brief vom August 1555 teilt uns mit, dass Jeanne schon zu diesem Zeitpunkt reformierte Sympathien deutlich aussprach. Sie schrieb dem vicomte, dass ihre Mutter sich zwischen den zwei Religionen nicht habe entscheiden können, und dass sie selbst aus Furcht vor ihrem Vater bislang nicht gewagt habe, sich offen zum Protestantismus zu bekennen. Das Edikt von Chateaubriant von 1551 verbot eindeutig jede „Ketzerei“ und deshalb schlug sie vor, die Reformierten sollten sich heimlich auf dem Schloss Odos treffen.
Es gibt sonst keine Quellen, die belegen könnten, dass Jeanne mit dem reformierten Glauben in Berührung kam. Es gab in ganz Frankreich zu der Zeit kleine zerstreute Gemeinden, sowie Prediger und Kolporteure, die reformatorische Bücher schmuggelten. Die wiederholten Verbote des Königs konnten das nicht unterbinden, sie führten nur dazu, dass Protestanten, wie Jeanne, sich heimlich treffen mussten.
In den Jahren nach 1555 verbreitete sich der reformierte Glaube mehr und mehr im Hochadel. Auch Anton von Bourbon wurde davon ergriffen, brachte reformierte Prediger nach Béarn und als er und Jeanne 1558 mit Heinrich nach Paris zogen, nahm er an großen psalmensingenden Demonstrationen außerhalb der Stadtmauern von Paris teil. Calvin war darüber hoch erfreut, denn er setzte in seiner Missionsarbeit gerne auf hochrangige Persönlichkeiten. Jeanne dagegen verhielt sich während dieser Zeit bedeckt.
In Paris kam sie mit ihrem vierten Kind, einer Tochter namens Katharina, nieder. Das kleine Mädchen war das einzige Kind, das bei Jeanne aufwachsen durfte, obwohl sie (natürlich) Erzieherinnen und Gouvernanten hatte.
Anton von Bourbon fiel nicht nur mit protestantischen Sympathien auf, sondern wie sein Schwiegervater versuchte er, den spanischen Teil von Navarra zurückzugewinnen. Heinrich d´Albret hatte seinen Besitz gut und gewinnbringend regiert, während Anton von Bourbon seiner Frau die Regierungsgeschäfte überließ, und selbst nur versuchte, ein größeres Königsreich für sich zu gewinnen. So konnte der spanische König Philipp ihm einen Tausch, erst mit dem Herzogtum Milano und später mit Sardinien, anbieten. Damit hätte Spanien den Sprung über die Pyrenäen geschafft und Südfrankreich bedrohen können. Wir würden solches Taktieren mit dem Feind Hochverrat nennen, damals räumte man freilich Adligen große Freiheiten ein, sich einen Herren auszusuchen, aber Anton von Bourbon wurde auch von den Zeitgenossen als unzuverlässig und unverantwortlich angesehen, und nicht zuletzt war er so politisch ungeschickt, dass es an Dummheit grenzte (Sutherland 1984).
Im Sommer 1559 starb Heinrich II. von Frankreich unerwartet. Sein Sohn Franz II. folgte ihm als nur fünfzehnjähriger Knabe auf dem Thron. In dieser Situation war die traditionelle Lösung, dass der erste erwachsene Erbprinz, Anton von Bourbon, ihn unterstützen sollte, und Calvin ermahnte ihn eindringlich, dieses Amt zu übernehmen und dabei den Hugenotten zu helfen. Anton von Bourbon verspielte diese Chance und überließ die Regierungsgeschäfte der Familie von Guise, besonders dem Herzog von Guise und dem Kardinal von Lorraine, die beide die antiketzerische Politik des verstorbenen Königs weiterführen wollten. Nach dem Tod Heinrichs II. bekannten sich mehrere hochrangige Adlige offen zum Protestantismus und es gab im März 1560 sogar einen hugenottischen Komplott, den König zu entführen und von seinen „schlechten Ratgebern“ zu trennen. Anton von Bourbon und sein jüngerer Bruder, der Prinz von Condé, beide notorische Reformierte, wurden wegen diesem Angriff auf den König angeklagt. Anton von Bourbon versprach Besserung, während sein Bruder, der Prinz Ludwig von Condé zum Tode verurteilt wurde. Nur der plötzliche Tod des jungen Königs rettete ihn vor der Hinrichtung. Da der neue König, Karl IX., ein zehnjähriges Kind war, brauchte Frankreich einen Regenten, nämlich den ranghöchsten Erbprinz Anton von Bourbon. Wiederum ergriff dieser nicht die Chance. Katharina von Medici ließ sich stattdessen als Regentin einsetzen und Anton von Bourbon wurde zum Generalstatthalter ernannt. Die Hugenotten mit Calvin an der Spitze waren zutiefst enttäuscht. In diesen Jahren hatte der reformierte Glaube großen Zulauf, es wurde von mehreren Tausend Gottesdienstbesuchern überall in Frankreich berichtet, von Abendmahlgottesdiensten, die zwei Tage dauerten und von Bekehrungen am Hof und im Hochadel.
1560 verließ Jeanne Paris, um zurück nach Pau zu fahren. Theodorus Beza, der engste Mitarbeiter Calvins, besuchte sie dort, und es entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit, die bis Jeannes Tod dauerte. Beza versorgte sie mit Predigern und Beratern für ihr Land. Im Dezember 1560 unternahm Jeanne den entscheidenden Schritt und bekehrte sich öffentlich zum reformierten Glauben. Während ihr Gatte nicht in der Lage war, sich an die Spitze der Hugenotten zu setzen, wurde sie jetzt die leitende Hugenottin in Frankreich.
Reformierte Königin (1560–1568)
Jeanne d´Albret war zweifelsohne eine tief religiöse Frau. Lange Zeit hatte sie äußerste Diskretion walten lassen, zwar mit ihrem Gatten reformierte Prediger gehört, aber sich niemals offen zum reformierten Glauben bekannt. Erst nachdem Anton von Bourbon sich mit dem Posten als lieutenant générale abgefunden hatte, kam sie aus der Deckung.
Es war eine Zeit, wo alle große Hoffnungen bzw. Ängste für den Protestantismus in Frankreich hegten. Drei wichtige Katholiken – der Herzog von Guise, der Konstabel von Montmorency und der Marschall St. André – schlossen sich zusammen, um Frankreich gegen die Reformierten zu schützen. Sie planten den Sturz von Anton von Bourbon und einen Angriff auf Genf mit der Hilfe des Herzogs von Savoyen, zu dessen Besitz Genf bis 1534 gehört hatte. Dieses Triumvirat war der erste Vorbote der katholischen Liga, die später Heinrich IV. hartnäckig bekämpfte (Sutherland 1973).
1560 war noch zu erwarten, dass der Protestantismus nach Frankreich gekommen war, um zu bleiben. Jeanne war sich sehr bewusst, welche Gefahren ihr von Spanien, vom Papst und von der mächtigen Familie von Guise drohten. Sie hatte noch die Hoffnung, dass der junge König Karl IX., Katharina von Medici und ihr Kanzler, der tolerante Michel de l´Hôpital, die Reformierten unterstützen würden, zumal die Königinmutter sich selbst von denen von Guise bedrängt fühlte.
Diese letzte Hoffnung erwies sich als trügerisch, aber niemals wich Jeanne später vom einmal eingeschlagenen Kurs ab. Sie konnte weder geldwerte Vorteile noch politisches Kapital aus ihren Glauben schlagen, dafür hielt sie konsequent an ihrer Überzeugung fest.
In Béarn machte sie erste vorsichtige Schritte, um das Land zu reformieren. Es gab schon Reformierte dort, und Prediger hatten angefangen, den neuen Glauben zu verbreiten, Jeanne aber träumte von einem reformierten Land, und fing langsam und vorsichtig an, diesen Traum zu verwirklichen.
Der erste Schritt war, den reformierten Glauben dem Katholizismus rechtlich gleich zu stellen. Die Kirchen wurden für beide Religionen geöffnet (das sogenannte simultaneum) und aus den Kirchen in Lescar und Pau wurden Bilder und Statuen entfernt, allerdings nicht in Form eines Bildersturms, sondern von den Behörden. Jeanne beschlagnahmte das kirchliche Vermögen nicht für sich selbst, sondern investierte es in Sozialfürsorge und Bildung.
Es ist klar, dass sie den reformierten Glauben einführen wollte, aber zu keinem Zeitpunkt vefolgte sie Andersgläubige, geschweige denn verbrannte sie. Immer setzte sie auf Überredung.
Im August 1561 begab sie sich wieder zum Hof. Überall wurde sie stürmisch von Hugenotten begrüßt, als ob sie „der Messias sei“, bemerkte verärgert der spanische Gesandte. Katharina von Medici hatte zu einem Religionsgespräch eingeladen. Dieses Gespräch fand in Poissy außerhalb Paris statt. Seitens der Krone war gewiss an eine Versöhnung oder gar einen Ausgleich zwischen den Religionen gedacht, die reformierten Teilnehmer mit Beza an der Spitze mochten jedoch keine Kompromisse eingehen. Beza wurde unterstützt von Calvin in Genf, der selbst zu krank war, um mitzukommen. Calvin war mit den Auftritten und Reden Bezas zufrieden, während z.B. der Admiral Coligny Beza als reichlich provokant wahrnahm.
Im Herbst 1562 blieb Jeanne mit ihren Kindern beim Hofe. Katharina von Medici suchte auch nach den Religionsgesprächen eine Übereinkunft mit den Protestanten, was in dem Edikt vom 17. Januar 1562 – auch Edikt von St. Germain genannt – gipfelte. Dieses Edikt, an dem der Kanzler Michel de l´Hôpital und Beza beteiligt waren, erlaubte es den Hugenotten, außerhalb der Städte Gottesdienste zu halten. Es war das günstigste Edikt, das sie jemals erlangen sollten, das Edikt von Nantes 1598 war ihm sehr ähnlich, aber nicht ganz so großzügig. Der Unterschied war, dass Heinrich IV. dafür sorgte, dass das Edikt von Nantes durchgeführt wurde, während alle frühere Edikte, so wohlgemeint sie auf dem Papier auch waren, von katholischen Behörden unterlaufen wurden, und der König zu schwach war, um für ihre Durchführung zu sorgen.
Im März 1562 massakrierte der Herzog von Guise eine reformierte Gemeinde, die innerhalb des Städtchens Wassy Gottesdienst feierte. Damit war die Versöhnungspolitik Katharinas von Medici gescheitert. Die Hugenotten unter dem Prinzen von Condé griffen zu den Waffen und Anton von Bourbon bat Jeanne den Hof zu verlassen. Er behielt seinen Sohn Heinrich bei sich, entließ aber dessen hugenottischen Hauslehrer. Jeanne beschwor ihren Sohn, nicht zur Messe zu gehen, und der junge Prinz hielt sich wohl auch ein paar Wochen daran, musste sich aber schließlich fügen. Nach ihrem Fortgang vom Hofe trat Jeanne eine monatelange abenteuerliche Reise durch Frankreich an, so gefährlich, dass die ersten Briefen von der Hand Heinrichs seine Ängste um seine Mutter bezeugen. Ihre kleine Tochter Katharina durfte sie behalten.
Im ersten Religionskrieg führte Anton von Bourbon die königlichen katholischen Truppen gegen die Hugenotten. Bei der Belagerung von Rouen wurde er verwundet und starb am 17. November. Der junge Heinrich blieb am Hofe in der Obhut Katharinas von Medici, die allerdings Jeanne gestattete, ihm wieder reformierte Hauslehrer zu geben. Sie sollte ihn erst 1564 wiedersehen.
Die Kirche in Béarn und Navarra
Ihre große Aufgabe sah Jeanne darin, die Reformation in Béarn durchzuführen.
Calvin stellte ihr Jean Raymond Merlin zur Seite, den früheren Professor für Hebräisch in Lausanne, wo er Kollege von Beza, dem Professor für Griechisch, und von Pierre Viret, dem Rektor der Akademie, gewesen war. Pierre Viret arbeitete nach seiner Zeit in Lausanne und Genf vor allem in Frankreich, besonders in den Kirchen von Lyons und Nîmes. Später sollte er für Jeanne d´Albret ihre Akademie in Orthez aufbauen. Merlin war übrigens mit einer Tochter von Marie Dentière verheiratet, derjenigen, die vor Jahren Jeanne eine selbstgeschriebene hebräische Grammatik zugesandt hatte (vgl. Graesslé13f.; Nielsen).
Merlin ging voll Eifer an die Aufgabe, eine reformierte Kirche in Béarn aufzubauen. Es gab viele Reformierte in Südfrankreich, aber meistens unter städtischen Eliten und Handwerkern. Die Reformierten waren meistens des Lesens fähig, vor allem des Lesen französischer Texte. In Südwestfrankreich sprach die Bevölkerung die langue d´oc, die alte oczitanische Sprache, in irgendeiner Form. Die Gascogne hatte ihre Sprache, in der ein Neues Testament und fünfzig Psalmen übersetzt wurden, und Béarn hatte béarnais sogar als Amtssprache. Hinzu kam, dass die Bevölkerung in Navarra Baskisch sprach. Wenn Merlin das ganze Land reformieren sollte, musste er diese Sprachbarrieren überwinden, denn die Landbevölkerung musste erreicht und für die Reformation gewonnen werden.
Jeanne d´Albret beauftragte eine Übersetzung des Neuen Testaments ins Baskische, und eine Übertragung der Psalmen, der Zehn Gebote, der Liturgie und des Katechismus Calvins in die Sprache Béarns. Der Anwalt, später Pastor, Arnaud de la Salette, stellte 1571 diese Übersetzung fertig, und obwohl sie erst 1583 gedruckt wurde, darf man annehmen, dass in der Zwischenzeit Manuskriptkopien verwendet wurden. Pastoren, die die béarnesische oder die baskische Sprache beherrschten, wurde händeringend gesucht, und von den Anderen wurde ausdrücklich verlangt, dass sie es lernen sollten. Katecheten, die vermutlich Landeskinder waren, wurden in die Gemeinden geschickt.
Allmählich verbot Jeanne katholische Riten und Gebräuche, zuerst die Fronleichnamsprozessionen, danach Maibäume und Jahrmärkte. Dann wurde die Messe abgeschafft. Der Dom von Lescar und die Kirche St. Martin in Pau wurden leergeräumt, und die dort befindlichen Schätze verkauft.
Für Merlin konnte dies nicht schnell genug gehen. In seinen Briefen an Calvin klagte er seine Not: die Bevölkerung sei stur – diese Holzköpfe! - und die Königin zu langsam und vorsichtig (CO 20, Nr. 3988 & Nr. 4061). Merlin hatte übrigens auch früher in Montargis Probleme mit Renée de France gehabt, Herzogin von Ferrara, die in ihrem Gebiet so vorsichtig war wie Jeanne in Béarn (vgl. Lambin, 2). Jeanne bekam Klagen auf der jährlichen Ständeversammlung, wo die Katholiken über den Verlust alter Freiheiten und Rechte klagten. In den sechziger Jahren musste sie mehrmals Aufstände niederschlagen.
Der Nachfolger für Merlin war Pierre Viret, der enge Freund Calvins. Er war Pastor und Rektor für die Akademie in Lausanne – mit Beza und Merlin als Kollegen – gewesen. Wegen eines Streits mit dem Stadtrat in Bern, übersiedelten 1559 alle Professoren nach Genf, um dort in der neu errichteten Akademie zu unterrichten. Von Genf begab Viret sich nach Frankreich, wo er in Lyon als Pastor arbeitete, danach leitete er die Nationalsynode in Nîmes und schließlich folgte er dem Ruf nach Béarn. Seine wesentlichste Aufgabe war es, die Akademie in Orthez aufzubauen. Die Fächer Theologie, Hebräisch, Griechisch, Philosophie und Mathematik wurden dort unterrichtet, während es keine Anzeigen für Professuren in Jura und Medizin gibt.
Vor ihrer akademischen Laufbahn absolvierten die Jungen eine fünfjährigen Ausbildung in einer Lateinschule (collège), während die Grundschule sowohl Jungen wie Mädchen unterrichtete, die Mädchen allerdings getrennt mit weiblichen Lehrkräften. Damit wurde das kleine Béarn das erste Land Europas, welches kostenlosen Unterricht für Mädchen zusicherte, und zwar mit der interessanten Begründung, dass sie so im Stande waren, ihr Brot zu verdienen und sich der Gesellschaft nützlich zu machen („Pareil rolle sera aussy faict des filles qui sont en bas aage et qui n´ont nul moyen de vivre et de s´entretenir, par toutes les églises, afin que de mesmes deniers et en écolle séparée elles soient enseignées, nourries et tenues par des femmes sages et pudiques, par leur industrie pouvoir aprés se nourrir et entretenir et servir au public“. Art. 32 der Verfassung der Akademie von 1566, zitiert nach Desplat 2004). Desplat unterstreicht die säkulare Ausrichtung der Ausbildung. Allgemein wird behauptet, der Zweck des Unterrichts in protestantischen Ländern sei, die Bevölkerung des Lesens der Bibel und des Katechismus zu befähigen. Hier werden nur die Vorteile eines Schulunterrichts für die Gesellschaft betont.
Die Akademie wurde 1566 geöffnet. Die ersten protestantischen Akademiegründungen in Frankreich fanden in Nîmes (1562) und Montpellier statt. Vorrangiges Ziel war es, die Kirchen mit Pastoren zu versorgen, da die Akademie in Genf die steigende Nachfrage der Gemeinden kaum nachkommen konnte. Da Papst Pius V. die katholischen Universitäten angewiesen hatte, Protestanten die Abschlüsse zu verweigern (Maag 2002, 140), brauchten junge Hugenotten ihre eigenen Universitäten, die dann auch gegründet wurden, vor allem in Leiden und Heidelberg, aber auch in Frankreich und benachbarten Gebieten wie Béarn, Orange und Sedan, die alle zu diesem Zeitpunkt unabhängig waren.
Jeanne hatte sehr gute Gründe, langsam und überlegt vorzugehen. Der Kardinal von Armagnac ließ sie wissen, dass sie die Bevölkerung Béarns in Ruhe lassen sollte, ihre Untertanen wollten ihren Katholizismus nicht aufgeben. Jeanne antwortete, dass sie in Béarn nur Gott über sich habe, dort könne sie ihrem Gewissen folgen, und in ihrem Land werde niemand wegen seines Glaubens verfolgt. Das letzte war ihr ein Anliegen, denn 1571 schrieb sie an ihren Statthalter, den Baron d´Arros, dass in ihrem Land niemand zum Glauben je gezwungen worden war und es auch nicht werden sollte („...intention n´a point esté et n´est encores qu´ilz soyent contraints par force et violence de se reanger à ladite Religion“, d´Aas 2002, 452).
Als sie sich bei der Einführung der Reformation in ihren Ländern unnachgiebig zeigte, zitierte der Papst sie nach Rom zwecks eines Ketzerprozesses. Da sie dieser Einladung nicht folgte, exkommunizierte er sie. Der Bann war eine ernste Bedrohung, da jeder katholische Herrscher jetzt das Recht hatte, ihre Länder an sich zu reißen und sie abzusetzen, eine Chance, die Philipp II. von Spanien sich nicht entgehen lassen würde. Katharina von Medici verteidigte deshalb Jeanne, weil sie keine spanische Präsenz auf der französischen Seite der Pyrenäen dulden wollte. Außerdem war sie eine Verfechterin der gallikanischen Freiheit der französischen Kirche und meinte deshalb, der Papst solle sich nicht in die Angelegenheiten der Kirche einmischen.
Königin der Hugenotten
Nach dem ersten Religionskrieg (1562-63) ließ Katharina von Medici den jungen Karl IX. mündig erklären und führte ihn mit dem Hof auf eine große Frankreichreise, die mehrere Jahre dauerte. Der Zweck dieser Reise war es, den König dem Volk zu zeigen, und damit die Loyalität der Bevölkerung zu erhalten. Jeanne wurde als Vasallin einberufen und stieß Ende Mai 1564 zum Zug in Macon.
Ihr Sohn Heinrich nahm auch Teil an diese Reise und seinetwegen stritten die zwei Königinnen sich, weil Jeanne ihn bei ihren protestantischen Gottesdiensten dabei haben wollte, und Katharina wünschte, dass er mit der königlichen Familie zur Messe gehe. Schließlich sandte Karl IX. Jeanne zu ihrem Besitz in Vendôme, während Heinrich als Gouverneur von Guyenne den Zug begleitete und in den Städten für den feierlichen Empfang des Königs sorgte.
Jeanne durfte nicht mit nach Bayonne, wo Katharina ihrer Tochter Elizabeth, Königin von Spanien, begegnen wollte. Philipp II. sandte als seinen Gesandten den Herzog von Alba, der auf dem Weg in die Niederlande war. Die Hugenotten waren später überzeugt, dass Alba und die Königinmutter in Bayonne ihre Ausrottung geplant hatten. Sicher ist, dass Alba in den Niederlanden mit aller Härte gegen die Protestanten vorging, und es ist durchaus möglich, dass er versuchte, Katharina auf seinen mörderischen Kurs einzustimmen. Schon 1568 – also vor der Bartholomäusnacht! – schrieb Jeanne, dass die Waffen, die gegen die Hugenotten verwendet werden sollten, in Bayonne geschmiedet worden seien (Ample déclaration).
Jeanne und Heinrich trafen sich später in Paris. 1566 ersuchte sie erneut um Erlaubnis, mit ihren beiden Kindern nach Béarn zu fahren, was ausgeschlagen wurde. Sie erhielt aber Erlaubnis, ihren Sohn in seinen französischen Ländereien herumzuführen, und Anfang 1567 reiste sie dann mit ihm nach Vendôme, und von dort setzte sie sich unerlaubt ab nach Béarn. Damit machte sie laut des Biographen Heinrichs, Pierre Babelon, aus einem französischen Prinzen einen Ausländer, und vor allem einen Hugenotten.
Von 1567 an arbeitete Jeanne für die Zukunft ihres Sohnes. Ihre Lebensaufgabe, schrieb sie selbst, sei: Gott, Königtum und ihr Blut. Mit Gott war die reformierte Religion, die wahre Kirche Gottes, gemeint. Mit dem König ihr Status als Vasallin und – trotz Béarn – als Französin, und mit dem „Blut“, die Familie, zuallererst ihr Sohn Heinrich. Er sollte von jetzt an kein Höfling mehr sein, sondern die Aufgaben eines Regenten lernen. Als ein Aufstand in Navarra niedergeschlagen worden war, wurde er dorthin geschickt, um die Basken zu befrieden. Als 14jähriger hielt er für seine Untertanen eine Rede, in welcher er ihr Fehlverhalten geißelte, ihnen die Gunst der Königin zusicherte, falls sie sich verbessern würden, und seinen berühmten Charme mit seinem Autoritätsanspruch verband.
Im Herbst 1567 versuchten die Hugenotten, die sich von der Aufrüstung des Königs bedroht fühlten, Karl IX. in ihre Gewalt zu bringen. Die Entführung missglückte, und die königliche Familie suchte, beschützt von den schweizerischen Söldnern, die die Ängste der Hugenotten verursacht hatten, Zuflucht in Paris. Die Hugenotten belagerten die Stadt. Im November wurden sie vor den Toren von St. Denis geschlagen und mussten sich in die Provinz zurückziehen, wo sie den Kampf bis zum Friedenschluss von Longjumeau im März 1568 fortsetzen.
Der Friedensvertrag war an sich nicht ungünstig für die Hugenotten, nur haperte es wie immer mit der Umsetzung. Katholische Behörden waren über die für die Hugenotten günstigen Bedingungen empört und setzten sie nicht um. Der Protestant La Noue schrieb in seinen Erinnerungen, dass der Krieg zwar viel Unheil bringe, aber dieser elende kleine Friedensvertrag sei viel schlimmer für die Reformierten, die in ihren Häuser umgebracht wurden, ohne dass sie sich zu wehren wagten („ …une guerre est misérable et qu´elle apporte avec soy beaucoup des maux…cette méchante petite paix est beaucoup pire pour ceux de la Réligion, qu´on assassinoit en leur maisons, et ne s´osoyent encores défendre“, d´Aas 2002, 382) Im Laufe des Sommers 1568 versuchten die Gruppierungen noch einmal miteinander zu reden, Karl IX. sandte einen Botschafter nach Béarn, und Jeanne verfasste ein Sendschreiben an den König mit dem Antrag, den Frieden in Guyenne wiederherzustellen.
In der Zwischenzeit fühlten sich der Prinz von Condé und der Admiral Coligny auf ihre Schlösser in Bourgogne zunehmend bedroht. Der Herzog von Alba wollte in den Niederlanden mit Feuer und Schwert den Protestantismus auszurotten, und Flüchtlinge berichteten ihnen von seinem Terror. Am 23. August 1568 flüchteten sie mit ihren Familien und Angehörigen über die Loire nach La Rochelle. Die Überquerung der Loire erinnerte fast an den biblischen Durchzug durchs Schilfmeer: so viele Hugenotten hatten sich angeschlossen, dass der Zug fast wie eine Völkerwanderung aussah, und die Loire hatte in der Augusthitze einen so niedrigen Wasserstand, dass Sandbanken in der Mitte auftauchten. Dementsprechend sangen alle Psalm 114 vom Auszug der Israeliten aus Ägypten, als sie hinüber waren. Die Parallele wurde noch einmal deutlich, als die königlichen Truppen, die sie verfolgten, wegen plötzlich einsetzenden Hochwassers den Fluss nicht überqueren konnten.
In dieser Situation war Jeanne zutiefst gespalten. Bislang hatte sie die Kriege moralisch unterstützt, aber nicht selbst teilgenommen. Falls es zu kriegerischen Auseinandersetzungen kommen sollte, konnte sie immer mit ihren Kindern in der uneinnehmbaren Festung Navarrenx Zuflucht suchen. Sie hatte jedoch ihren Sohn, der als zukünftiger Führer der Hugenotten das Kriegshandwerk lernen sollte, und so musste sie wählen, ob sie in Béarn unter ihrem Volk bleiben oder sich den Hugenotten anschließen sollte: „ich hatte den Krieg im Bauch“ schrieb sie danach („J´eu la guerre en mes entrailles“, Ample declaration). Sie setzte den Baron d´Arros als Statthalter ein, und Anfang September begab sie sich in Eilmarsch nach La Rochelle (Cocula 2004). Dort konnte sie ihren Sohn dem Prinzen von Condé überantworten. Sie schrieb unterwegs eine Reihe Briefe an Karl IX., an Katharina von Medici, an ihren Schwager, den Kardinal von Bourbon und an die Königin Elizabeth von England, um ihren Entschluss zu begründen. Angekommen in La Rochelle schrieb sie eine Erklärung („Ample declaration“) um der Öffentlichkeit zu erklären, warum sie sich der hugenottischen Armee zugesellte.
Die Hugenotten unter ihren Anführer aus der königlichen Familie wollten nicht als Aufrührer dastehen. Sie behaupteten, die erzkatholische Partei sei schuld daran, dass königliche Befehle nicht vollzogen wurden. Die Katholiken mit ihren Verbindungen nach Spanien und Rom seien Landesverräter. Die Politik des Kardinals von Lorraine verdient laut Sutherland (1974) keinen anderer Namen. Wenn Jeanne vom Frieden sprach, meinte sie eine Duldung der Hugenotten in Frankreich. Die Forderungen der Hugenotten waren immer dieselbe: Erlaubnis, Gottesdienste zu feiern, Gerichte mit zur Hälfte hugenottischen Richtern, sichere Zufluchtsstädte – deren Anzahl schwankte in den Verhandlungen – und Zugang zu Ausbildung und Beamtenstellen gleichrangig mit den Katholiken. Die Provinz Languedoc unter dem moderat katholischen Gouverneur Montmorency-Damville war ein friedlicher Ort in den Religionskriegen, weil Damville den Hugenotten solche Rechte einräumte, und die katholische Bevölkerung sich damit abfand.
Im März 1569 fand eine Schlacht bei Jarnac statt. Der Prinz von Condé kämpfte mit, wurde verwundet und nach der Schlacht ermordet. Es gelang Admiral Coligny, die hugenottischen Truppen zusammenzuhalten, aber der Verlust des Prinzen war ein herber Schlag. Heinrich von Navarra war jetzt der ranghöchste Prinz, und zusammen mit seinem Vetter, dem gleichaltrigen Heinrich von Condé, wurde er jetzt Oberbefehlshaber über die Armee der Prinzen. In Wirklichkeit lag die Verantwortung für die Kriegsführung bei dem erfahrenen Admiral, und die beiden Prinzen wurden seine Pagen genannt.
Jeanne blieb in La Rochelle, während Coligny mit den Prinzen im Krieg war, und sie konnte, unterstützt von einem Rat adliger Hugenotten, die „Regierungsgeschäfte“ regeln. Sie schrieb an England und nach Deutschland. Sie unterzeichnete Erlässe, versuchte Geld für das Heer aufzutreiben, pfändete ihren schönsten Schmuck für einen Kriegsdarlehen an Elizabeth von England und ließ ein Kriegsschiff namens „Die Hugenottin“ bauen.
So wie sie immer behauptete, nicht gegen den König, sondern gegen seine schlechten Ratgeber zu kämpfen, so behauptete Karl IX., dass sie in La Rochelle von den Hugenotten gefangen gehalten wurde, und er ließ den Baron Terride mit einer „Befreiungsarmee“ in Béarn einfallen. In kürzester Zeit waren ganz Béarn und Navarra erobert und zum Katholizismus zurückgeführt. Nur der Baron d`Arros hielt im Navarrenx stand. Um ihre Länder zurückzuerobern, sandte Jeanne den Graf von Montgommery mit einer „Hilfsarmee“ nach Navarrenx. In noch kürzerer Zeit als Terride gebraucht hatte, verjagte er ihn aus Béarn. Die Befreiung von Terride wurde in Pau mit einem Festgottesdienst gefeiert, wobei Pierre Viret über Psalm 124, 7: „Unsere Seele ist aus dem Netz des Vogelfängers entkommen“ predigte.
Vom Winter 1569 bis zum Frühjahr 1570 führte Coligny sein Heer mit den Prinzen Heinrich von Navarra und Heinrich von Condé durch ganz Südfrankreich und von Provence nach Norden, bis er Paris bedrohte. Der König hatte kein Geld mehr, um Krieg zu führen, und musste notgedrungen Friedensverhandlungen einleiten. Im August 1570 wurde dann der Frieden von St. Germain geschlossen. Wiederum war Jeanne d´Albret diejenige, die auf Augenhöhe mit dem König verhandeln konnte. Der Vertragstext erklärt immer wieder, dass der König die Bedingungen seiner Tante erfüllen wollte (Sutherland 1980, Potter 1997).
Jeanne blieb vorläufig in La Rochelle. Im April 1571 fand dort die Nationalsynode der reformierten Kirchen Frankreichs statt. Theodor Beza kam aus Genf angereist, um die Synode zu leiten. Pierre Viret wollte teilnehmen, starb aber vorher, vermutlich hatte seine Gesundheit in der Gefangenschaft unter Baron Terride gelitten. Auf der Synode wurde das französische Glaubensbekenntnis von 1559 neu verhandelt und die endgültige Fassung als „Bekenntnis von La Rochelle“ beschlossen. Darüber hinaus wurde eine Kirchenordnung für Béarn beschlossen, und die Synode diskutierte Fragen, die Jeanne d´Albret gestellt hatte. Als Ersatz für Pierre Viret bekam sie Nicolas des Gallars zur Seite gestellt. Er war Calvins Sekretär gewesen, danach hatte er die „Strangers´ Church“, die Kirche für Ausländer in London, als Nachfolger für Johannes à Lasco geleitet und dann an Bezas Seite im Colloquium von Poissy 1561 gestanden. Er war Pastor in Orléans gewesen und wurde jetzt Seelsorger für Jeanne d´Albret und ihr theologischer Ratgeber für die Kirche in ihrem Land.
Er war eine gute Wahl, denn während Beza sehr an dem Konzept von Genf hing und ein presbyteriales Kirchenverständnis (Kingdon 1967) hatte, war des Gallars in England gewesen, als Königin Elizabeth nach dem Tod ihrer katholischen Schwester die anglikanische Kirche einführte. Außerdem behauptet Bernard Roussel (2004), dass er das Buch Martin Bucers „De regno Christi“ von 1550 mitbrachte. Dieses Buch ist dem englischen König Edward VI. gewidmet und beschreibt, wie ein König eine reformierte Kirche leiten kann. Damit hatte des Gallars ein Konzept für eine von einer Fürstin geleitete Kirche, die dann in den Jahren als Heinrich und Katharina von Navarra das Erbe der Mutter verwalteten, Bestand hatte.
Während Jeanne in La Rochelle noch weilte, ereilte sie ein Angebot von Katharina von Medici, ob ihren Sohn Heinrich die Tochter Katharinas heiraten mochte. Hugenotten und Katholiken würden sich versöhnen und die Häuser Valois und Bourbon sich nahekommen. Dieses Angebot war zu verlockend, um es auszuschlagen, aber Jeanne traute Katharina nicht so recht, jedenfalls wollte sie nicht gleich nach Paris ziehen, um über die Ehe zu verhandeln.
Stattdessen fuhr sie nach Pau zurück, führte die neu beschlossene Kirchenordnung ein und kümmerte sich um ihre Länder. Die Tuberkulose machte sich bemerkbar und sie wollte zur Kur in die Bergen fahren. Währenddessen zogen sich die Eheverhandlungen hin, bis Jeanne endlich im Frühjahr 1572 nach Paris zog. In den Briefen an ihren Sohn hört man von den Verhandlungen, von ihrer Missbilligung des höfischen Lebens und von ihrem Ärger mit Katharina. Jeanne wollte so viele Rechte wie möglich für ihren Sohn und die Hugenotten aushandeln. Am Ende musste sie es aufgeben, Margareta von Valois, Margot genannt, zum reformierten Glauben zu bekehren. Dafür hoffte sie aber, dass das Brautpaar nach Béarn ziehen würde. Eine königliche Mischehe war etwas ganz Neues und musste in Detail besprochen und geplant werden. Jeanne handelte das Meistmögliche für ihren Sohn aus und im April 1572 wurde eine Einigung erzielt. Heinrich sollte allerdings noch eine Weile in Béarn bleiben und Jeanne bereitete in Paris die Hochzeit vor.
Die zähen Verhandlungen im Frühjahr hatten viel Kraft gekostet, Jeanne hielt sich aber tapfer. Im Juni brach sie zusammen und starb am 9. Juni an der Tuberkulose, die sie seit Jahren geplagt hatte. Später entstanden Gerüchte, sie sei von Katharina von Medici vergiftet worden. Diese sollte ihr ein Paar Handschuhe, die von ihrem privaten Giftmischer präpariert worden seien, geschenkt haben. Da Katharina nach den Massakern von St. Bartholomäus, die in der Periode von August bis November 1572 stattfanden, von den Hugenotten als der Inbegriff des Bösen dargestellt wurde, gehört der Giftmord an Jeanne d´Albret zu den Verleumdungen.
Heinrich traf erst etwas später in Paris ein. Im Testament Jeannes hatte sie sich gewünscht, in Béarn bei ihrem Vater beerdigt zu werden. Ihr Sohn setzte sich über ihren letzten Willen hinweg: sie wurde nach Vendôme geführt und neben ihrem Mann, Anton von Bourbon, bestattet.
Trotz ihre Fähigkeiten wurde sie eine Fußnote in der Geschichte Frankreichs: ihr Sohn wurde zwar als Heinrich IV. König von Frankreich, aber er wurde katholisch und aus den Hugenotten wurde, dank des Ediktes von Nantes 1598, eine geduldete Minderheit. Die Kirche, die Jeanne in Béarn aufgebaut hatte, wurde unter ihrem Enkelsohn, Ludwig XIII., verboten. 1685 wurde dann das Edikt von Nantes aufgehoben, und die Reformierten wurden grausam verfolgt. Viele flüchteten, viele konvertierten und viele wurden umgebracht. Die großen Hoffnungen, die die Hugenotten um Jahr 1560, als Jeanne konvertierte, hegten, erwiesen sich als trügerisch.
Wenn auch letztlich nicht erfolgreich, war sie dennoch bewundernswert. Mit dem Admiral Coligny zusammen hatte sie den Frieden von St. Germain errungen, dann eine Landeskirche aufgebaut und ihre Kinder gefördert. Sie war die reformierte Präsenz in der königlichen Familie und in ihren letzten Jahren wurde sie die Königin der Hugenotten.
Stammtafeln der Familie von Valois und der Familie von Bourbon (PDF)
Literatur
Quellen:
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Ein Bekenntnis von 'evangelischen Wahrheiten'
Leben aus der Schrift mit der Barmer Theologischen Erklärung
Dazu zählt allen voran der durchgehende Bezug auf das Zeugnis der Heiligen Schrift. Von ihr aus hat Calvin seine Theologie und pastorale Praxis gestaltet; ihr sind – schon durch die den Thesen vorangestellten Schriftzitate – die sechs Barmer Thesen vom ersten bis zum letzten Satz verpflichtet.
In der Gemarker Kirche zu Barmen wurde 1934 Kirchengeschichte geschrieben. Keineswegs war es damals die Absicht der Gemarker Pfarrer, Presbyter und Gemeindeglieder als Gastgeber der Bekenntnissynode, in die Lehrbücher der Kirchengeschichte einzugehen, auch wenn die Barmer Zeitung bereits titelte: „Ein kirchengeschichtliches Ereignis“.1 Es gehörten ausgesprochener Mut und weitblickende Kühnheit dazu, als von den sogenannten Deutschen Christen abgesetzte Pfarrer wie Karl Immer und Paul Humburg Barmen zu einem Ort machten, von dem weitreichende Bekenntnisimpulse über die Zeit des Kirchenkampfes hinaus bis heute ausgingen.2
Aus vielen Territorien des Reiches waren sie in dieser Kirche zusammengekommen: Theologieprofessoren wie Karl Barth, reformierte, lutherische und unierte Pfarrer, Fabrikanten, Rechtsanwälte wie der spätere Bundespräsident Gustav Heinemann und auch ein Landwirt aus Lippe.3 Kirche stand damals in der Entscheidung, hat sich gegen „die Kirche verwüstende[n] und damit auch die Einheit der Deutschen Evangelischen Kirche sprengende[n] Irrtümer der Deutschen Christen“ und zum Bekenntnis von „evangelischen Wahrheiten“ entschieden.4 „Verbum Dei manet in aeternum“ – „Gottes Wort bleibt in Ewigkeit“5: Dieser Satz markiert den Anspruch, den die eine Mutter6 und die 138 Väter von Barmen 1934 erhoben hatten.
Auch vor rund 500 Jahren stand die Kirche in der Entscheidung. Johannes Calvin bewies ein hohes Maß an evangelischer Entschlossenheit und bewährte seine christliche Freiheit darin, dass er es wagte, inmitten des unvorstellbaren Drucks auf die französischen Protestanten etwa den Gemeinden im Languedoc zuzurufen: „Ich weiß wohl: Auch wenn alles zerstört und verloren ist, hat Gott noch unbegreifliche Wege, seine Kirche wieder aufzurichten, wie wenn er sie von den Toten erweckte.“7 Sieht man einmal ab von den theologischen Verbindungslinien zwischen Calvin und Barmen, so liegt eine Gemeinsamkeit darin, dass Calvin und die Synodalen von Barmen nicht von ihrer geschichtlichen Existenz abstrahiert haben. Vielmehr erklärten sie an ihrem Ort und zu ihrer Zeit, was theologisch an der Zeit war. Wir begegnen in beiden Ereignissen einer kontextuellen Theologie, der das Ringen um evangelische Wahrheit abzuspüren ist.8
Allerdings ist das Merkmal kontextuelle Theologie noch kein hinreichendes Merkmal für gute Theologie. Auf ihre das Fundament des Glaubens zerstörende Weise haben auch die Deutschen Christen ihre Forderungen nach Einführung des Führerprinzips in der Kirche und des Ausschlusses des Alten Testaments aus der Bibel durchaus kontextuell verstanden – mit den fatalen Folgen einer Irrlehre, in die viele Evangelische sich haben hineinziehen lassen. Wer vom Kontext spricht, darf darüber den Text nicht vernachlässigen. Da wir Grund zum Glauben haben, bedarf es der Bestimmung dieses Grundes, der nicht mit dem Glauben identisch ist, sondern außerhalb seiner selbst in Christus liegt und sich durch die gelesene, gehörte und ausgelegte Schrift dem Glauben erschließt. In unverwechselbarer Weise spiegeln einerseits das Wirken Calvins und andererseits die Barmer Bekenntnissynode, dass der christliche Glaube und die versammelte Gemeinde von einem Grundtext her lebt, der – soll Kirche Kirche bleiben – nicht zur Disposition steht und unverhandelbar ist: die Heilige Schrift, die eine Ur-Kunde des Glaubens.
1. Die Schrift als Quelle der Verkündigung
Warum Calvin lediglich das Hohelied der Liebe und die Apokalypse des Johannes nicht kommentiert hat, lässt sich allenfalls vermuten; dass er aber ansonsten sämtliche biblischen Bücher erklärt hat – in der Versammlung der Genfer Pastoren, in Predigten, später auch in der Genfer Akademie –, ist eine nahezu singuläre theologische Leistung.9 Ganz offensichtlich liebte Calvin die biblische Sprache und konnte sich ihr aufgrund seiner ausgezeichneten philologischen Kenntnisse umso leichter nähern. Er empfand es so, dass nicht er nach den biblischen Texten griff – vielmehr griffen diese nach ihm, forderten ihn heraus und boten ihm Raum, um von ihnen her den Glauben und das Leben zu reflektieren. Wenn sich die evangelischen Kirchen als Kirchen des Wortes verstehen, so hat das auch mit diesen Basler, Straßburger und Genfer Anfängen zu tun und mit der Weise, in der Calvin die Bibel las. Er machte ernst damit, dass die Kirche von der Kraft des Wortes lebt und ihr Reden und Tun von der biblischen Botschaft bestimmen lässt.
Als Pastor und Lehrer der Kirche entwickelte Calvin eine besondere Leidenschaft für das Alte Testament. Ganz im Stile der Humanisten ging er dem Wortlaut – der hebräischen und der griechischen Wahrheit10 – auf den Grund. Er wollte sich den Blick auf die Texte nicht durch tradierte dogmatische Urteile verstellen lassen, sondern Gottes Stimme hinter den von Menschen gesprochenen Worten entdecken. Er machte auf den unerschöpflichen Schatz der Bibel aufmerksam. Sie sei der „Schlüssel, der uns das Reich Gottes öffnet”, ein „Spiegel, in welchem wir Gottes Angesicht betrachten”, und das „Zeugnis seines guten Willens”.11 In diese „Schule der Weisheit”12 begab er sich, um durch sie einen Zugang zur Gottes- und Selbsterkenntnis zu finden.13 Die Bibel hat nach Calvins Lesart das Potenzial, die Kirche auf ihren schwierigen Wegen zu begleiten, aber auch von abgründigen Wegen abzuhalten. Konsequent haben sich die von Calvin geprägten Kirchen gegen die an sie herangetragene Bezeichnung „Calvinisten“ gesperrt und sich stattdessen als „nach Gottes Wort reformierte Kirchen“ bezeichnet.14
Calvins Leidenschaft für die biblischen Schriften lässt sich gut am Beispiel seines Verständnisses der Psalmen – der wichtigsten alttestamentlichen Grundlage seiner Theologie – illustrieren.15 Calvin erklärt in seiner Vorrede zur Psalmenauslegung von 1557: „Meine reichlichen Erfahrungen aus den Kämpfen, in denen der Herr mich auf die Probe gestellt hat, haben mir gehörig dabei geholfen, nicht nur die von mir [in den Psalmen] entdeckte Lehre für die Gegenwart nutzbar zu machen, sondern auch einen möglichst freien Weg gebahnt zu finden, um die Absicht der einzelnen Verfasser der Psalmen zu erkennen.“16 Calvin war davon überzeugt, dass seine eigenen Erfahrungen die Arbeit am Text nicht behindern, sondern ihn tiefer in den Sinn der Texte blicken lassen. In ihnen erkennt er einen „Schatz“, der dem „Aufbau der Kirche“ zugute kommen soll.17
Ihre Kraft entfalten die Psalmen, indem sie Menschen eine Sprache leihen, um sich selber in den Erfahrungen von Lebensgeschenk und Todesnähe zu entdecken. Besonders das in den Psalmen ausgesprochene Vertrauen, dass Gott tatsächlich bis in die äußersten Winkel der Welt regiert, ließ Calvin nicht mehr los.18 Er nahm die befreiende Wirkung der Psalmen gerade in dem Gedanken wahr, dass die bedrängten Gemeinden mit ihren Erfahrungen, angefeindet und bedroht zu werden, allein bei Gott zur Ruhe und zu Frieden kommen. Gottes Sorge um die Welt, die Kirche und die einzelnen Menschen vollzieht sich mit „wunderbarer Weisheit und Gerechtigkeit“19, weiß Calvin zu sagen. Wie sich Gottes Herrschaft in kosmische Dimensionen hinein erstreckt, so dehnt sie sich auf der ganzen Erde aus20 – ein Anklang an die ökumenische Sammlung der Gemeinde und ihre Einheit, der Calvins Augenmerk galt.
In der Moderne wurde an Calvin gelegentlich der Vorwurf herangetragen, dass seine Hervorhebung der Ehre Gottes letztlich ein Triumph über den Menschen sei. Damit aber geschieht Calvin Unrecht. Er wurde nicht müde zu betonen, dass die in der Schrift bezeugte Schöpfermacht Gottes keineswegs im Gegensatz zur menschlichen Freiheit steht. Vielmehr habe Gott „alles so gestaltet, daß alles, was zu seiner Ehre dient, auch für uns heilvoll ist“.21 Es ging Calvin um ein schöpferisches Wirken Gottes, in dem dieser zugunsten der menschlichen Freiheit Gott ist: „Wo Gott erkannt wird, wird auch Menschlichkeit gepflegt.“22
Aus diesem Satz spricht ein Verständnis von Humanität, das Calvin der in Christus sich vergegenwärtigenden Menschlichkeit Gottes abgeschaut hat. Weiter sei die geschaffene Welt ein „Theater“ bzw. der „Schauplatz der Ehre Gottes“ – schließlich spiegele sich Gottes Herrlichkeit „im Bau der Himmel und im Kunstwerk ihrer wunderbaren Ordnung“.23 Selbst wenn das Meer „von Fischen entleert wäre, müsste es allein durch den Anblick seiner Weite und Tiefe bewundernswert sein“.24 Noch einmal zeigt sich die befreiende Wirkung der Schrift, wenn Calvin es für eine außergewöhnliche Auszeichnung des Menschen hält, dass er in seiner Menschlichkeit „als Vertreter Gottes so über die Welt herrschen darf, als ob das sein Recht wäre“.25
Schon in seiner Straßburger Zeit traf Calvin die für die Gestalt der Gottesdienste und für die Musikgeschichte folgenreiche Entscheidung, dass die Psalmen nicht nur gelesen werden sollen, sondern auch gesungen werden können – die Geburtsstunde des Genfer Psalters bzw. des Hugenottenpsalters.26 Dass das gemeinsame Singen die Seele befreit, wurde Calvin zu einer Gewissheit, die er in der Genfer Gottesdienstordnung von 1542 dargelegt hat: „Wenn wir sie [sc. die Psalmen] singen, so sind wir sicher, daß Gott uns die Worte in den Mund legt, als ob er selbst in uns sänge.“27 Das ist liturgisch angewandte Theologie des dritten Artikels vom Heiligen Geist.
Calvins Grundentscheidung, seine Lehre und Verkündigung als biblisch begründete Schriftauslegung zu verstehen, führte die Barmer Theologische Erklärung fort. Jede These wird eingeleitet durch einen bzw. – im Fall der ersten und sechsten These – zwei neutestamentliche Sätze. Das ist weit mehr als nur eine Formalität, durch die der biblische Charakter der Thesen behauptet würde. Die Barmer Theologische Erklärung will gerade nicht demonstrieren, dass ihre Sätze biblisch verantwortet sind, sondern zeigt an: Anders als aus der gelesenen, gehörten und verstandenen Schrift kann es überhaupt nicht zu theologischen Aussagen und im konkreten Fall zu einem entschiedenen Ja und einem entschlossenen Nein kommen.
Wenn biblische Texte dazu dienen, theologische Sätze – und seien sie noch so korrekt – aufs Podest zu heben, wäre das kein Akt von Freiheit, sondern von Angst. Wenn aber autoritative biblische Orientierungen den Dienst übernehmen, das anzuleiten und auszurichten, was in der Kirche unbedingt gesagt werden muss, dann hat das eine befreiende Wirkung. Am Beispiel der zweiten Barmer These gesagt: Eine Kirche, die sich vom Geschenk der Freiheit her versteht, fragt nach dem Grund der Befreiung und entdeckt ihn in der von Jesus Christus gewirkten „frohen Befreiung aus den gottlosen Bindungen der Welt“.28
Von Paulus ließen sich die Synodalen sagen, dass Jesus Christus von Gott zur Erlösung in Person – zum Befreier – gemacht wurde (1 Kor 1,30). Ein solches befreites Leben ist ein ungeteiltes, ein unteilbares Leben. Folglich ist es eine falsche Lehre, Bereiche des Lebens anderen Autoritäten zu unterstellen oder an sie auszuliefern. Mit Calvin gesprochen: Nicht uns selbst oder jemand anderem gehören wir, Gott sind wir zu Eigen.29 Anthropologische Trennungen in Seele und Leib oder in Person und Werk stoßen an diese von Calvin und in Barmen markierte Grenze: Das christliche Leben ist ein ganzes Leben, in dem Gott mehr als nur die Herrschaft über die religiösen Refugien hat.
2. Freiheit zur Antwort
Calvin und die Barmer Thesen haben den Begriff der Freiheit inhaltlich – und das heißt: biblisch – bestimmt.30 Mit dem erwähnten Bild vom „Schauplatz der Ehre Gottes“31 deutet Calvin auch sein eigenes Leben als Raum, in dem Gott gleichsam Regie führt. Diese Übergabe an Gottes Vorsehung wäre aber missverstanden, wenn man darin eine Beschneidung menschlicher Freiheit sähe. Calvin legt Wert darauf, dass der Vorsehungsgedanke keineswegs die Freiheit behindert oder gar verhindert. Im Gegenteil: Wahre Lebensfreiheit verdankt sich Gott, der selber das Attribut der Freiheit trägt.
Um die menschliche Freiheit zu verstehen, erinnert Calvin an den Anfang: die Geschöpflichkeit des Menschen. Zu den Gaben, die dem menschlichen Geist von Gott beigegeben sind, zählt er die Fähigkeit, „in seiner Beweglichkeit Himmel und Erde und die Geheimnisse der Natur“ zu durchforschen – eine Fähigkeit, die auf Gott als ihren Geber zurückverweist.32 Nach Calvin ist der Mensch ein über sich und seinen Ort in der Geschichte nachdenkendes Wesen, versehen mit der Gabe, sein Leben und die ihn umgebende Welt intellektuell und kulturell zu durchdringen. Ihm steht die Vernunft zu Gebote, um Gut und Böse, Recht und Unrecht voneinander zu unterscheiden.33 Er ist in der Lage, „alle Jahrhunderte mit Verstand und Gedächtnis“ zu erfassen, aus dem Vergangenen das Zukünftige zu schließen und aus dem Zukünftigen die Vergangenheit zu deuten.34 Es zeichnet ihn aus, nicht nur Leben zu empfangen und sich einem Gegenüber – nämlich Gott – zu verdanken, sondern auch zu antworten. Im Unterschied zu den Tieren ist er das zum Antworten geschaffene Wesen. Er existiert als Gleichnis seines Schöpfers und ist der „Spiegel der Herrlichkeit Gottes“.35
So spitzt Calvin die Geschöpflichkeit des Menschen gemeinsam mit seiner Erlösung durch Christi Tod und Auferstehung auf ihre befreiende Wirkung hin zu: Wie die Freiheit der
„Hauptinhalt der Lehre des Evangeliums“ ist, so lässt sich der Freigesprochene in die Pflicht nehmen, sein ganzes Leben auf Gott auszurichten.36 In der ihm eröffneten neuen Lebenswirklichkeit lebt er – angeleitet durch die Gebote – wahrhaft menschlich. Eine solche christliche Freiheit löst den Menschen von Angst und Zwang und bringt ihn zum bereitwilligen und fröhlichen Tun „aus freien Stücken“.37 Die befreiende Wirkung der Schrift deckt Calvin übrigens auch in dem entlastenden Gedanken auf, dass das Leben in dieser Freiheit unvollkommen bleibt: Wir sollen, so Calvin unter Bezug auf 1 Kor 13,9–12, keine Scheu haben, Gott „auch angefangene oder halbfertige Werke, an denen noch manches auszusetzen ist, anzubieten“.38 Christliche Freiheit schließt das Fragmentarische ein – auch deshalb, weil am Ende Gott den Menschen vollendet und ganz macht.
In einer solchen dem biblischen Zeugnis abgeschauten Freiheit öffnen sich Räume für die entschlossene Betätigung in der kulturellen, politischen und ökonomischen Welt – und übrigens auch zum Genießen der erfreulichen Seiten des Lebens.39 Die Freigabe der äußeren Dinge wie Natur und Kultur zur Erforschung, geistigen Durchdringung und Gestaltung versetzt den Menschen in die Lage, sich mit Vernunft und Kreativität der geschaffenen Natur, ihren Gesetzen und der Ordnung der menschlichen Gemeinschaft zu widmen. Aus der biblischen Bestimmung der Freiheit als Geschenk entwickelt Calvin ein Verständnis von Humanität, die den Menschen nicht nur nach sich, sondern auch nach dem anderen Menschen fragen lässt. So zeichnen sich Konturen eines Lebens ab, das von Gewissensfreiheit, öffentlicher Mündigkeit, Kommunikation und Erbarmen geprägt ist. Bei Calvin schlägt die Geburtsstunde einer protestantischen Ethik, die aus dem Grundsatz heraus, nicht sich selbst, sondern Gott zu gehören, ein Lebenskonzept in Dankbarkeit und Verantwortung entwirft.
An diese Grundlinien hat die Barmer Theologische Erklärung ausdrücklich angeknüpft. Schon das Bekenntnis der Freien reformierten Synode vom 4. Januar 1934 erhebt die „Freiheit“ zum Leitbegriff – sieben Mal ist dort von der „freien Gnade“ die Rede und sodann von einer „freie(n) Kirche in dem in der Bindung an seinen Auftrag grundsätzlich ebenso freien Staat“.40 „Freie Gnade“ meint zunächst das Faktum, dass Gott sich Israel zu seinem Volk erwählt hat und an dieser Erwählung festhält. Viereinhalb Jahrzehnte später hat man das im Rheinland mit dem Synodalbeschluss von 1980 „Zur Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden“ deutlicher ausgesprochen, was in Barmen erst unscheinbar anklingt.41 In der Barmer Theologischen Erklärung vom 31. Mai 1934 heißt es dann: Durch Jesus Christus geschieht „frohe Befreiung aus den gottlosen Bindungen dieser Welt zu freiem, dankbaren Dienst an seinen Geschöpfen“.42
Der Auftrag der Kirche zur Verkündigung begründet ihre Freiheit und hat zum Inhalt, die „Botschaft von der freien Gnade Gottes auszurichten an alles Volk“.43 Deutlich wird, dass die Befreiung zum freien Dienst die Konsequenz der in Christus aufgerichteten Erlösung ist. Der die Kirche befreiende Auftrag, Gottes freie Gnade öffentlich bekannt zu machen, gründet in der biblischen Wendung, dass Gottes Wort selbst nicht gebunden ist (2 Tim 2,9). These 6 sagt prägnant, dass die Kirche ihrem Auftrag unbedingt nachzukommen hat, in ihren Lebensäußerungen die gute Botschaft von der freien Gnade Gottes missionarisch weiterzugeben. Sie nimmt sich die Freiheit zum Wort und richtet öffentlich aus, wovon sie selbst lebt: dass das Evangelium zuerst und zuletzt eine Befreiungsbotschaft ist. Damit wird Einspruch gegen die kirchliche Selbstgefährdung der Introvertierung erhoben. Zugleich werden die Gemeinden ausgerichtet auf ein Zutrauen zum Evangelium, das sich selber Gehör und Geltung verschafft.
3. Leben und Lebensgestaltung
Calvin und Barmen erfreuen sich nicht nur einer gemeinsamen Hochschätzung, sondern ziehen auch eine ähnlich motivierte Kritik auf sich. Dass man Calvin und Barmen in einem Atemzug mit dem Wort „Leben“ nennen könnte, scheint denen fremd, die in Calvins Wirken eine „Tyrannei der Tugend“44 sehen und Barmen eine autoritäre Dialogfeindlichkeit andichten.45 Doch weder Calvin noch Barmen versperren die Wege zum Leben, sondern liefern bleibend gültige Maßstäbe für private und öffentliche Verantwortlichkeit. Aus der Schrift zu leben, heißt bei Calvin und in Barmen, sich über die Gründe des Lebens zu vergewissern und sich über die Lebensführung Rechenschaft abzulegen. Mit Recht wird die Reformation Calvins als eine Reformation des Lebens gekennzeichnet.46
Calvin fragte entschlossen nach einer glaubwürdigen Gestalt der Kirche, des öffentlichen Lebens und der individuellen Existenz. Zunächst gegen seinen Willen in die kirchlichen Aufgaben in Genf eingebunden, stellte er sich der Grundfrage, was ein Christ in der Bedrängnis zu tun und wie sich eine Kirche zu verhalten hat, die sich als Kirche unter dem Kreuz sammelt. Man muss sich vor Augen halten, dass Calvin seine Überlegungen zur Lebensgestaltung auch solchen Menschen mitgeteilt hat, die von Schikanen und vom Tod bedroht waren. Ihm zufolge bedarf schon das individuelle Leben der ständigen Erneuerung vom Wort Gottes her.
Er hat das an seiner eigenen Existenz erprobt, indem er etwa in den Psalmen einen Identifikationsrahmen sah, um in den Gebeten Israels sich selber mit seinen Empfindungen und seiner Gottesbeziehung wiederzuerkennen. Wie das göttliche Leben mehr ist als das Bild, das von ihm gezeichnet wird – darin liegt der unhintergehbare Sinn des Bilderverbotes –, so weist auch das Leben des Menschen über das von ihm entworfene Bild hinaus. Das menschliche Leben gewinnt seine Lebendigkeit von der Gegenwart Gottes her, in dem es gleichsam „besteht“.47
Den Schriften des Alten und Neuen Testaments entnahm Calvin Orientierungen für das Leben der Kirche. Er spricht von Christus als dem einen Haupt der Gläubigen, die untereinander Gemeinschaft haben und sich wähnen dürfen als „Schar der Gläubigen, die Gott zum ewigen Leben auserwählt hat“.48 Als in Gottes erwählendem Handeln begründete Gemeinschaft ist die Kirche ein lebendiger Organismus und ein Ort von Gottes Güte49, an dem die Glaubenden einander Auskunft über ihren Glauben geben, sich gegenseitig in ihrer Hoffnung bestärken und einander in der Liebe dienen. Konsequent interessiert sich Calvin für die Sichtbarkeit der Kirche. In ihr soll erkennbar werden, welchem Herrn die Gemeinde angehört. Ihr primäres Erkennungszeichen ist ihr Umgang mit dem Wort Gottes.
Calvin erklärt: „In Frage steht die äußere Erscheinung, an der man [die Kirche] erkennen kann. Nach unserer Überzeugung liegt sie im Wort Gottes.“50 Es geht um die Entsprechung der Kirche zu ihrem Grund und Auftrag – eine Entsprechung, die sich letztlich dem Wirken von Gottes Geist verdankt. Aus dieser Erkenntnis zieht Calvin in einer schönen Metapher den Schluss, dass es in der Kirche zu einem Zusammenklingen der unterschiedlichen Gaben und Dienste kommen müsse (sicut varii toni in musica suavem melodiam conficiunt).51 Mit dem vierfachen Amt der Gemeinde in Gestalt der Dienste der Pastoren, Lehrer, Presbyter und Diakone entwickelte er eine kirchliche Handlungstheorie -und praxis, die den Gaben der Vielen vertraut und diese zusammenführt. Die auf ihn zurückgehende presbyterial-synodale Kirchenstruktur war eine Krisenordnung und bewährte sich fortan in Krisensituationen der Kirche – nicht zuletzt in Barmen.
Eine deutliche Erinnerung an Calvin war der in Barmen laut gewordene „Ruf nach vorwärts“52 in kirchlicher Hinsicht: Die Kirche versteht sich als Gemeinde von Geschwistern, „in der Jesus Christus in Wort und Sakrament durch den Heiligen Geist als der Herr gegenwärtig handelt“.53 Und die Ämter in der Kirche sind der ganzen Gemeinde anvertraute Dienste.54 Die Thesen 3 und 4 geben bis heute den Anstoß dazu, dass sich unsere Gemeinden in ihren Gaben weiterentwickeln und gleichsam neu erfinden. Die Mitglieder der Gemeinde nehmen sich wahr als Subjekte, die ihren Glauben, ihr Leben und ihre Begabungen mit anderen teilen.
Das Signal, das Calvin und Barmen bis heute bleibend gültig gesetzt haben, lautet: Gegen die Selbstgefährdung der Kirche, die Vielfalt der Ämter zur Einfalt verkommen zu lassen, sollen wir den allen anvertrauten Diensten unsere Aufmerksamkeit schenken. Was auch immer Menschen in der Kirche tun, wie sie ihre Aufgaben wahrnehmen und wie sie ihren Glauben leben und bekennen: Durch sein Wort und durch seinen Geist versammelt Jesus Christus sie zur Gemeinde und schützt und erhält diese.55 Und er gibt Menschen seinen Geist, damit sie in ihren und – wenn es denn möglich ist – auch an ihren Aufgaben wachsen.
4. Leben in Freiheit aus der Schrift
Calvin lässt sich nicht nur auf Barmen, sondern auch auf seine Wirkung für unsere Gegenwart hin befragen. Ein wichtiges Korrektiv erhalten wir durch seine Überlegungen zum Wesen der Gemeinde, der Kirche in ihrer regionalen Dimension und schließlich auch für den ökumenischen Charakter der Kirche. Calvin für die je eigene Gegenwart zu befragen, geschieht heute anders als 1909. Als damals an der Genfer Promenade des Bastions anlässlich von Calvins 400. Geburtstag ein über 100 Meter langes Reformationsdenkmal präsentiert wurde, war das eine massive, in Stein gehauene Bezeugung des Respekts gegenüber dem Genfer Reformator. Und die sich über acht Julitage erstreckende zentrale Calvinfeier in Genf mit Vorträgen, Grußworten, Gottesdiensten, Ausflügen und Festumzug hinterließ damals bei manchen Teilnehmern einen zwiespältigen Eindruck.
Das Elberfelder Reformierte Wochenblatt kommentierte das so: „Das Festprogramm war derart reichhaltig, daß man es als eine Erleichterung empfand, daß infolge der ungünstigen Witterung nicht alle Teile zur Ausführung gelangen konnten.“56 Unser Festprogramm ist 2009 bescheidener und unser Interesse an Calvin und Barmen hoffentlich theologisch konzentrierter. Drei Überlegungen mögen andeuten, wie wir von Calvin und von Barmen aus weiterdenken können.
Erstens: Calvin und die Barmer Thesen haben auf Grundlage der Schrift verbindlich von Gott gesprochen – nicht konziliant, nicht relativierend, sondern entschieden und bestimmt. Hier wird die theologische Voraussetzung laut, dass Gott nicht schweigt, sondern darin ein Bild von sich macht, indem er redet (vgl. Ps 50,2), und dass sein Reden zur Stellungnahme und gegebenenfalls zum Bekenntnis herausfordert. Damals wurden Zeichen gesetzt, dass Theologie, Glaube und Kirche einer engagierten Spiritualität der Erkenntnis und des Bekenntnisses bedürfen. Die Verbindlichkeit der Gottesrede findet ihren hervorgehobenen Ort in der Predigt.
Es ist der Mühe wert, der gelegentlichen kirchlichen Selbstbanalisierung eine Predigtkultur entgegenzusetzen, die sich von Calvins Wertschätzung der Bibel als Schatz und vom Barmer Bezug zu den Quellen der Verkündigung anleiten lässt. Gewiss: Die Barmer Thesen hatten ihre Schwäche im Schweigen zum großen Unrecht und unsäglichen Leid, das Juden zugefügt wurde. Aber sie bestärken uns auf indirekte, wirksame Weise darin: Es war und bleibt richtig, im Hören auf die ganze Bibel nicht nachzulassen und wie Juden nach Gottes Bund und Willen zu fragen.
Zweitens: Die Gottesrede, die wir bei Calvin und in den Barmer Thesen erkennen, hat kommunikativen und öffentlichen Charakter. Das gilt zunächst für das evangelische Binnenverhältnis. Calvins Suche nach Wegen, dass die Protestanten Kirchengemeinschaft haben und sich nicht aufspalten, ist in Barmen Ereignis geworden: Lutheraner, Reformierte und Unierte sprachen erstmals seit der Reformation mit einer Stimme. Zu Recht kommentierte der Elberfelder Pfarrer Klugkist Hesse: „Es ist ein Wunder vor unsern Augen.“57 Das ökumenische Kirchenmodell, das in der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) entwickelt wird, beginnt in Wittenberg, Genf und Barmen. Es lässt uns das Potenzial der unterschiedlichen konfessionellen Prägungen wertschätzen, statt sie einzuebnen. Nach außen gilt: Gegen die voranschreitende Privatisierung des Glaubens gehört das Evangelium in eine Öffentlichkeit, in der gegen alle Gnadenlosigkeit die Botschaft von Gottes freiem Erbarmen stark bleiben muss.
Drittens: Wir würden Calvin und den Barmer Thesen die kritische Spitze abbrechen, wenn wir die Streitbarkeit der Gottesrede außer Acht ließen. Der Protestantismus lebt nicht nur von seiner diskursiven, sondern auch von seiner kritischen und apologetischen Kompetenz, um für Klarheit nicht nur innerhalb des religiösen und weltanschaulichen Pluralismus, sondern auch angesichts eines fundamentalistischen Theismus und Atheismus einzustehen. Aus der Schrift zu leben heißt auch, streiten zu können und Gegnerschaft auszuhalten. Weltweit ließen sich Erklärungen und Bekenntnisse auch im Sinne des notwendigen Streites von den Barmer Thesen inspirieren. Es hat etwas mit dem Wirken von Gottes Geist zu tun, dass er uns die Anliegen Calvins und der Barmer Thesen durch neuere Bekenntnisse aus der weltweiten Ökumene ins Gedächtnis ruft.58
Gelegentlich ist vom „Erbe Calvins“ und der „Verabschiedung der Barmer Thesen“ die Rede. Das darf aber nicht bedeuten, dass eigentlich schon tote Gedanken in unseren Besitz kommen, um künstlich wiederbelebt zu werden, und dass man den Barmer Thesen mit ihrem Beschluss zugleich den Abschied gegeben habe. Faktisch hat es ja beides gegeben: eine von Klischees verstellte Sicht auf Calvins Theologie und eine Barmen-Rezeption, in der die Thesen als modernitätsfeindlich tatsächlich verabschiedet wurden. Dem sei die Vermutung entgegengesetzt, dass uns Calvin und Barmen voraus sind im Ernst und in der Leidenschaft, die befreiende Wirkung des biblischen Redens von Gott in den Dienst des kirchlichen Leben und Handelns zu stellen.
Vier Wochen vor seinem Tod, Ende April 1564, rief Calvin seine Kollegen im Pfarrdienst an sein Kranken- und Sterbebett. „Ich habe viele Schwächen gehabt“, erklärte er, „die Ihr ertragen mußtet, und selbst all das, was ich getan habe, ist im Grunde nichts wert. […] Wenn es aber etwas Gutes gegeben hat, so richtet euch danach und folgt ihm nach.“59 Calvin sagte das, weil es zu seinem theologischen Verständnis der Kirche gehört, dass diese in der Spannung von begrenztem Menschenwerk und göttlicher Verheißung existiert. Und er wusste, dass diejenigen, die sein Werk fortsetzen, Ermutigung brauchen: „Faßt Mut und bleibt stark, denn Gott wird sich dieser Kirche bedienen und sie am Leben erhalten.“60 Calvins Abschied hat Stil, da er auf selbstgefälliges Pathos verzichtete, sondern ganz bei denen war, mit denen er nicht nur der Kirche, sondern auch der Stadt Bestes suchte. Gerade so nahm er sein Lebensende wahr und übte sich in der Kunst, das Schöne und das Schwere des Lebens am Ende gut sein zu lassen.
Barmen, Gemarker Kirche am Morgen des 31. Mai 1934. Zeitzeugen berichteten, dass nach dem Ende der bis in die Nacht tagenden Ausschüsse es nun durch den Kirchraum hallte: „Es ist geschafft!“61 Ein Ausruf der Erleichterung, wohlwissend, dass die Bewährung der in den sechs Thesen zur Sprache gebrachten evangelischen Wahrheiten noch anstand und – auch das gehört zur historischen Wirklichkeit – mit unterschiedlicher Intensität vertreten wurde. Und dann haben sich die Synodalen spontan von ihren Plätzen erhoben und ihre Erleichterung über die Einigung im Choral „Lob, Ehr und Preis sei Gott“62 zum Ausdruck gebracht. Mit Calvin möchte man sagen: „Wir sind sicher, daß Gott uns die Worte in den Mund legt, als ob er selbst in uns sänge, um seine Ehre zu erhöhen.“63
Online Veröffentlichung des Textes mit freundlicher Genehmigung des LIT-Verlages Münster/Berlin aus dem Band:
Matthias Freudenberg, Reformierter Protestantismus in der Herausforderung. Wege und Wandlungen der reformierten Theologie (Theologie: Forschung und Wissenschaft 36), Münster/Berlin 2012, S. 27–38 (ISBN 978-3-643-11747-2, 360 S., € 39,90).
1 Sonderdruck der Barmer Zeitung vom 31.5.1934.
2 Vgl. u.a. GÜNTHER V. NORDEN (Hg.), Kirchenkampf im Rheinland. Die Entstehung der Bekennenden Kirche und die Theologische Erklärung von Barmen 1934, SVRK 76, Köln 1984; SIGRID LEKEBUSCH, Die Reformierten im Kirchenkampf, SVRK 113, Köln 1994, 79ff.; CARSTEN NICOLAISEN, Der Weg nach Barmen. Die Entstehungsgeschichte der Theologischen Erklärung von 1934, Neukirchen-Vluyn 1984.
3 Unter der Nr. 47 ist Landwirt Güse aus Wüsten / Lippe als Teilnehmer verzeichnet.
4 Die Barmer Theologische Erklärung. Einführung und Dokumentation, hg. v. MARTIN HEIMBUCHER / RUDOLF WETH, Neukirchen-Vluyn 72009, 36.
5 Barmer Theologische Erklärung, 43; das lateinische Zitat aus Jes 40,8 und 1 Petr 1,25 bildet den Abschluss der Barmer Theologischen Erklärung.
6 Es handelt sich um Stephanie von Mackensen aus Stettin (Pommern).
7 Brief an die Gemeinden im Languedoc vom September 1562, in: CStA 8,182.
8 Vgl. CHRISTIAN LINK, Johannes Calvin. Humanist, Reformator, Lehrer der Kirche, Zürich 2009, 23f.
9 Zu Calvins Schriftauslegung vgl. RAYMOND A. BLACKETER, Art. Kommentare und Vorreden, in: HERMAN J. SELDERHUIS (Hg.), Calvin Handbuch, Tübingen 2008, 179–190.
10 Zu Calvins hermeneutischer Entscheidung, mit der „hebraica veritas“ den authentischen Schriftsinn zu erfassen, vgl. PETER OPITZ, Calvin als Ausleger der Psalmen, in: CStA 6,1–16.
11 Vorrede für die Genfer Bibeldrucke (1546), in: CO 9,823; dt. Übers.: JÜRGEN QUACK (Hg.), Evangelische Bibelvorreden von der Reformation bis zur Aufklärung, Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte 43, Tübingen 1975, 113–115, hier 113.
12 Ebd.
13 Inst. (1559) I,1,1–3.
14 Vgl. ERNST SAXER, Ständige Erneuerung – eine reformierte Devise?, in: MATTHIAS KRIEG / GABRIELLE ZANGGER-DERRON (Hg.), Die Reformierten. Suchbilder einer Identität, Zürich 2002, 71–73; JÜRGEN MOLTMANN, Theologia reformata et semper reformanda, in: MICHAEL WELKER / DAVID WILLIS (Hg.), Zur Zukunft der reformierten Theologie. Aufgaben – Themen – Traditionen, Neukirchen-Vluyn 1998, 157–172, hier 157f.
15 Vgl. HERMAN J. SELDERHUIS, Gott in der Mitte. Calvins Theologie der Psalmen, Leipzig 2004; vgl. MATTHIAS FREUDENBERG, Von Gott reden. Johannes Calvins Gottesverständnis in seiner Psalmenauslegung, in: DERS., Reformierter Protestantismus in der Herausforderung. Wege und Wandlungen der reformierten Theologie, Theologie: Forschung und Wissenschaft 36, Berlin 2012, 13–26.
16 Vorrede zur Psalmenauslegung (1557), in: CStA 6,24f.
17 CStA 6,40f.
18 Vgl. u.a. Kommentar zu Ps 47,9, in: CO 31,470.
19 Kommentar zu Ps 93,1f., in: CO 32,16.
20 Vgl. u.a. Kommentar zu Ps 47,9, in: CO 31,470.
21 Genfer Katechismus (1545), Frage 258, in: CStA 2,94f.
22 Kommentar zu Jer 22,16, in: CO 38,388 („ubi ergo cognoscitur Deus, etiam colitur humanitas“); vgl. Johannes Calvins Auslegung des Propheten Jeremia, übers. v. ERNST KOCHS, Johannes Calvins Auslegung der Heiligen Schrift N.R. 8, Neukirchen 1938, 332.
23 Kommentar zu Gen 2,8, in: CO 23,37; vgl. De aeterna Dei praedestinatione (1552), in: Ioannis Calvini Opera Omina denuo recognita, Ser. III, Vol. I, ed. by WILHELM H. NEUSER, Genève 1998, 96 (= COR III/I,96).
24 Kommentar zu Ps 104,25, in: CStA 6,20f.
25 Kommentar zu Ps 8,7, in: CStA 6,70f.
26 Vgl. MARKUS JENNY, Luther, Zwingli, Calvin in ihren Liedern, Zürich 1983, 217ff.; PETER ERNST BERNOULLI (Hg.), Der Genfer Psalter. Eine Entdeckungsreise, Zürich 22005.
27 Genfer Gottesdienstordnung (1542), in: CStA 2,158f.
28 Reformierte Bekenntnisschriften. Eine Auswahl von den Anfängen bis zur Gegenwart, hg. v. GEORG PLASGER
/ MATTHIAS FREUDENBERG, Göttingen 2005, 243.
29 Inst. (1559) III,7,1: „nostri non sumus, Dei sumus”.
30 Vgl. MATTHIAS FREUDENBERG, Vorsehung und Freiheit. Calvins Freiheitsverständnis am Beispiel seiner Auseinandersetzung mit den Libertinern, in: DERS., Reformierter Protestantismus, 39–52.
31 Vgl. Anm. 23.
32 Inst. (1559) I,15,2.
33 Inst. (1559) I,15,8; vgl. Kommentar zu Ps 8,6, in: CStA 6,66f.
34 Inst. (1559) I,15,2.
35 Inst. (1559) I,15,4.
36 Inst. (1559) III,19,1.
37 Inst. (1559) III,19,4.
38 Inst. (1559) III,19,5.
39 Die Freiheit eines Christen äußert sich nach Calvin auch darin, „zu lachen oder sich zu sättigen oder neue Besitztümer mit den alten, ererbten zu verbinden oder sich am Klang der Musik zu erfreuen oder Wein zu trinken“ (Inst. [1559] III,19,9).
40 Reformierte Bekenntnisschriften, 238.
41 Vgl. BERTOLD KLAPPERT (Hg.), Umkehr und Erneuerung. Erläuterungen zum Synodalbeschluß der Rheinischen Landessynode 1980 „Zur Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden“, Neukirchen- Vluyn 1980; SIEGFRIED KREUZER / FRANK UEBERSCHAER (Hg.), 25 Jahre Rheinischer Synodalbeschluss zur Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden, VKHWB N.F. 9, Neukirchen-Vluyn 2006.
42 These 2, in: Reformierte Bekenntnisschriften, 243.
43 These 6, in: Reformierte Bekenntnisschriften, 244.
44 Vgl. folgende unter diesem reißerischen Titel erschienene und mit gravierenden Mängeln bei der Auswertung der Quellen behaftete Calvin-Darstellung: VOLKER REINHARDT, Die Tyrannei der Tugend. Calvin und die Reformation in Genf, München 2008.
45 Vgl. eine Reihe von Beiträgen der kirchlichen Publizistik im Barmen-Gedenkjahr 2004.
46 Vgl. zu dieser Wahrnehmung Calvins bes. KARL BARTH, Die Theologie Calvins. Vorlesung Göttingen Sommersemester 1922, hg. v. HANS SCHOLL, Karl Barth-Gesamtausgabe, Abt. II, Zürich 1993, passim.
47 Inst. (1559) I,1,1; vgl. Inst. (1559) III,7,5.
48 Genfer Katechismus (1545), Frage 93, in: CStA 2,44f.; vgl. Inst. (1559) IV,1,2–4.
49 Vgl. Vorrede zum Psalmenkommentar (1557), in: CStA 6,22f., sowie den Kommentar zu Ps 19, in: CStA 6,76–111.
50 Streitschrift gegen die Artikel der Sorbonne (1544), in: CStA 3,72f.
51 Kommentar zu Eph 4,11–14, in: CO 51,196; Übers.: Auslegung der kleinen Paulinischen Briefe, übers. v. OTTO WEBER, Johannes Calvins Auslegung der Heiligen Schrift N.R. 17, Neukirchen-Vluyn 1963, 163.
52 KARL IMMER, Barmen: Ruf zur Umkehr, Ruf nach vorwärts, in: JOACHIM BECKMANN (Hg.), Dann werden die Steine schreien. 50 Jahre Theologische Erklärung Barmen, Bielefeld 21984, 141–153.
53 These 3, in: Reformierte Bekenntnisschriften, 243.
54 These 4, in: Reformierte Bekenntnisschriften, 244.
55 Vgl. Heidelberger Katechismus, Frage 54, in: Reformierte Bekenntnisschriften, 165f.
56 Reformiertes Wochenblatt (Elberfeld) 54 (1909), Nr. 29 vom 16.7.1909, 236; vgl. dazu auch HANS-GEORG ULRICHS, „Der erste Anbruch einer Neuschätzung des reformierten Bekenntnisses und Kirchenwesens“. Das Calvin-Jubiläum 1909 und die Reformierten in Deutschland, in: HARM KLUETING / JAN ROHLS (Hg.), Reformierte Retrospektiven. Vorträge der zweiten Emder Tagung zur Geschichte des reformierten Protestantismus, Emder Beiträge zum reformierten Protestantismus 4, Wuppertal 2001, 231–265, hier 252–258.
57 Wochenblatt „Unter dem Wort“ vom 10.6.1934, zitiert nach GERHARD NIEMÖLLER, Die erste Bekenntnissynode der Deutschen Evangelischen Kirche, Bd. 2: Texte – Dokumente – Berichte, Göttingen 1959, 27f.
58 Reformiertes Zeugnis heute. Eine Sammlung neuerer Bekenntnistexte aus der reformierten Tradition, hg. v. LUKAS VISCHER, Neukirchen-Vluyn 1988; vgl. EBERHARD BUSCH, Die Nähe der Fernen. Reformierte Bekenntnisse nach 1945, in: WELKER / WILLIS (Hg.), Zur Zukunft der reformierten Theologie, 587–606.
59 Abschiedsrede an die Genfer Pfarrer (1564), in: CStA 2,296f.
60 Ebd.
61 Zit. nach: Eine Frau erlebt die Barmer Bekenntnissynode. Ein Bericht von SUSANNA PFANNSCHMIDT, mitgeteilt und eingeleitet v. HANS-GEORG ULRICHS, in: die-reformierten.upd@te 6 (2004), Heft 1, 11–19, hier 6.
62 EG 321,3.
63 Genfer Gottesdienstordnung (1542), in: CStA 2,158f.
Matthias Freudenberg
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