Wichtige Marksteine
Reformierte im Spiegel der Zeit
Geschichte des Reformierten Bunds
Geschichte der Gemeinden
Geschichte der Regionen
Geschichte der Kirchen
Biografien A bis Z
(1528–1572)
Jeanne d´Albret (1528–1572) war die bedeutendste Frau in der Geschichte der Hugenotten im 16. Jahrhundert. Besonders in ihrem Witwenstand, in den letzten zehn Jahren ihres Lebens, baute sie eine reformierte Kirche in Béarn auf und war das politische Oberhaupt der Hugenotten im dritten Religionskrieg (1568–1570). Nach 1570 versuchte sie, die Reformierten zu schützen und ihnen einen gesicherten Platz in der Gesellschaft zu verschaffen. Sie handelte für die Hugenotten den Friedensschluss von St. Germain 1570 aus, und durch die Heirat ihres Sohnes Heinrich (später Heinrich IV. von Frankreich) mit Margarete von Valois, Schwester des Königs Karl IX. von Frankreich, strebte sie eine enge Verbindung von Hugenotten und Katholiken an.
Keine andere Frau hatte eine solche Machtposition unter den Hugenotten in Frankreich inne. Sie war respektiert und gefürchtet in Rom und Madrid, alliiert mit Elizabeth von England und befreundet mit Katharina von Medici – keine unkomplizierte Freundschaft zwischen zwei starke Frauen.
Sie sorgte dafür, dass ihre Kinder – Heinrich und Katharina – im reformierten Glauben erzogen wurden. Jahrelang kämpfte Heinrich als Anführer der Hugenotten und von einer Machtbasis in Südfrankreich aus um die französische Krone, bis er 1589 König von Frankreich wurde und schließlich 1593 zum katholischen Glauben übertrat, um das Land zu befrieden.
Jeanne d´Albret war nicht nur Mutter ihres berühmten Sohnes, sie war auch selbst eine machtvolle Frau in Frankreich, da ihre Position als Anführerin der Hugenotten ihr einen Einfluss weit über die Grenzen ihres kleinen Königreiches zusicherte.
Jugend und Ehe (1528-1555)
Jeanne d´Albret wurde am 7. November 1528 auf dem Schloss Blois von Margarete und Heinrich II. von Navarra geboren. Ihre Mutter wusste angeblich, dass sie eine Tochter gebären würde, ihr sehnlichster Wunsch war freilich nach einem Sohn. Jeanne blieb das einzige Kind aus dieser Ehe, Margarete von Navarra gebar zwar kurz danach einen Sohn, der als Kleinkind starb, und alle übrigen Hoffnungen auf Schwangerschaften zerschlugen sich.
Die kleine Prinzessin konnte von ihrem Vater das Königreich Navarra erben, weil dort das salische Gesetz, das in Frankreich weibliche Thronerben verbot, nicht gültig war. Außerdem war das vicomté Béarn selbständig. Deswegen waren die zwei Großmächte Spanien und Frankreich zutiefst an diesen Grenzregionen interessiert. Frankreich wollte seine Südgrenze verteidigen, und Spanien beide Seiten der Pyrenäen besitzen, um in Frankreich einfallen zu können. Zudem war die väterliche Familie von Albret Großgrundbesitzer in Südwestfrankreich und damit Vasall des französischen Königs. Das frühere Aquitanien hatte mehrere hundert Jahre der englischen Krone gehört und war spät von England aufgegeben worden. Im 16. Jahrhundert wurde das Gebiet meistens als Guyenne bezeichnet.
In ihren jungen Jahren wuchs Jeanne in der Normandie auf. Ihre Mutter, Margarete von Navarra, hatte die Aufgabe, die königlichen Kinder ihres Bruders, Franz I., zu erziehen. Sie gab Jeanne in die Obhut ihrer Freundin Aymée de Lafayette, Vogtin von Caen. Man behauptet, sie sei die Vorlage für die Figur Longarine in Heptameron (vgl. Nielsen). Nach meiner Auffassung sind die Erzähler/innen im Heptameron, die sogenannten devisants, eher Typen als historische Persönlichkeiten, die Figur der Longarine ist allerdings eine sehr sympathische Frau mit Humor und Pfiff. Wenn Aymée de Lafayette die Vorlage zu Longarine abgegeben haben soll, deutet alles darauf hin, dass Margarete sie sehr schätzte und meinte, ihre Tochter sei bei ihr gut aufgehoben.
Jeanne wuchs in einem landadligen Milieu auf, umgeben von Wald, Wiesen und Tieren, mit den Mitgliedern der Familie von Aymée de Lafayette als Bezugspersonen, bis sie zehn Jahre alt war. Ihre Mutter sah sie selten, aber jedes Mal, wenn sie krank war, war Margarete sofort zur Stelle. 1538 ließ Franz I. sie nach Plessis-lez-Tours bei der Loire übersiedeln, da sie jetzt ein Alter erreicht hatte, wo sie auf dem Heiratsmarkt von Interesse war. Der König konnte über seine Verwandte entscheiden und Ehen arrangieren, wie es ihm passte.
1540 war es für Jeanne so weit. Herzog Wilhelm der Reiche von Kleve-Jülich-Berg hatte 1538 das Herzogtum Geldern geerbt. Sein Erbanspruch wurde von Kaiser Karl V. angefochten und auf dem Reichstag zu Regensburg wurde dem Kaiser Geldern zugeteilt. 1539 folgte Wilhelm seinem Vater auf dem Thron nach, und um sich vor den Ansprüchen des Kaisers zu schützen, arrangierte er eine Ehe mit Heinrich VIII. von England für seine Schwester Anna, und selbst verbündete er sich mit Franz I. Als Unterpfand für dieses Bündnis sollte er Jeanne d´Albret heiraten.
Was jetzt passierte, ist absolut ungewöhnlich: Jeanne weigerte sich. Die Zwölfjährige ließ ihrem Onkel wissen, dass sie den Herzog nicht heiraten möchte, und sie ließ zwei Schreiben aufsetzen, in welchen sie erklärte, dass sie gegen ihren Willen zu dieser Ehe gezwungen worden sei. Natürlich konnte sie sich nicht auf Dauer gegen den Willen des Königs auflehnen, aber bei der Hochzeitszeremonie am 14. Juni 1541 weigerte sie sich, zum Altar zu schreiten, stattdessen musste sie getragen werden. Ihr Jawort war nicht hörbar und wegen ihres Alters wurde die Ehe nicht vollzogen, der Herzog setzte nur symbolisch ein Bein in ihr Bett. Nach der Hochzeit kehrte er zurück nach Düsseldorf, während Jeanne vorläufig in Frankreich blieb.
1543 griff Kaiser Karl Kleve-Jülich-Berg an, der Herzog wurde geschlagen und musste Geldern Karl V. überlassen. Am Frieden von Venlo im September 1543 hob er das Bündnis mit Franz I. auf und verbündete sich stattdessen mit dem Kaiser. Damit war auch die französische Ehe hinfällig geworden, 1545 wurde sie vom Papst wegen Nichtvollzug annulliert, und der Herzog vermählte sich mit einer Nichte des Kaisers.
Nach kanonischem Recht durfte bei einer Eheschließung keine Zwang im Spiel sei. Die Eheleute mussten ihr Gelübde frei abgeben. Damals konnten junge Frauen aus adligen oder königlichen Familien sich ihre Ehepartner nicht selbst aussuchen, sondern wurden als politische Garanten vermählt, und die meisten fanden sich damit ab, weil das ihr Standesbild entsprach. Jeannes Ablehnung, so wie ihre Kenntnis des kanonischen Rechts, ist erklärungsbedürftig.
Eine mögliche Erklärung ist, dass ihre Eltern für sie eine Ehe mit dem Kronprinzen Philipp von Spanien anstrebten. Königin von Spanien war natürlich prestigeträchtiger als Herzogin von Kleve zu sein, aber vor allem erhoffte sich ihr Vater damit den spanischen Teil von Navarra zurückzugewinnen. 1512 hatten die Spanier Navarra, das Baskenland, bis zu den Pyrenäen erobert und den Albrets nur das winzige Gebiet auf der französischen Seite gelassen. Seitdem überlegten sich die Könige von Navarra, wie sie zu ihrem ganzen Erbe kommen konnten, und eine Ehe zwischen dem Infanten von Spanien und der zukünftigen Königin von Navarra würde genau dies herbeiführen.
Jeanne war möglicherweise auch beeinflusst von einer Erklärung der Ständeversammlung von Béarn, die eine auswärtige Ehe für ihre Kronprinzessin ablehnte.
Sah Jeanne d´Albret ihre Zukunft gefährdet durch eine Ehe mit dem Herzog von Kleve? Oder tat sie, was ihre Eltern wünschten, statt des Königs Willen zu erfüllen? Stammten ihre Kenntnisse des kanonischen Rechts von denen? Margareta von Navarra schrieb ihrem Bruder, sie habe keine Ahnung, was in das Mädchen gefahren sei, aber stimmt das? Hat sie Jeanne mit ihrer Ablehnung der Ehe geholfen aus Liebe (Cholakian & Cholakian), oder aus Ehrgeiz? Es besteht kein Zweifel, dass königliche Kinder damals frühreif waren und in jungen Jahren schon an ihre späteren Aufgaben geführt wurden, trotzdem ist die Zähigkeit und Sturheit des Mädchens erstaunlich.
1547 starb Franz I. und als Jeanne zwanzig Jahre alt war, bot der Nachfolger, Heinrich II. von Frankreich, ihr gleich zwei Heiratskandidaten an: den Herzog Franz von Aumale (der spätere erzkatholische Herzog Franz von Guise) und Anton von Bourbon, Herzog von Vendôme. Der letztere war Erbprinz und vielleicht deshalb für Jeanne die bessere Partie, obwohl er relativ arm war. Er war hochgewachsen – was für einen Bourbon eher selten war – und charmant, wie alle Männer in seiner Familie scheint er ein unverbesserlicher Schürzenjäger gewesen zu sein. Heinrich IV. von Frankreich, der vert galant, hatte seine ausgelebte Sexualität nicht von Fremden, ebenso wenig wie sein militärisches Können und seinen Mut.
Jeanne und Anton von Bourbon heirateten 1548 und sie war überglücklich. Heinrich II. schrieb in einem Brief, dass er selten eine Braut erlebt habe, die immer nur lachte. Diese Ehe war aus Liebe geschlossen, und Anton von Bourbon nahm seine Frau mit, als er in den Krieg zog. Der Kriegsschauplatz war Flandern, und da der Herzog Güter in Nordfrankreich besaß, zog Jeanne in den ersten Jahren ihrer Ehe von Schloss zu Schloss, immer in der Hoffnung, dass sie und Anton von Bourbon sich treffen könnten.
1551 gebar sie ihren ersten Sohn und gab ihn an Aymée de Lafayette, die sie selbst erzogen hatte. Ob nun Frau de Lafayette alt oder übervorsichtig geworden war, der kleine Herzog von Beaumont starb als Kleinkind, angeblich weil er von Wärme erstickt worden sei.
Bald wurde Jeanne wieder schwanger, und während ihr ältester Sohn in Nordfrankreich geboren war, sollte das zweite Kind in Béarn zu Welt kommen. Sie unternahm die lange Reise nach Süden und kam gerade rechtzeitig in Pau an, 14 Tage bevor sie von ihrem zweiten Sohn, Heinrich, auf dem Schloss in Pau entbunden wurde. Es wurde entschieden, dass dieser Junge in Pau bleiben sollte. Der Großvater, Heinrich d´Albret, wollte wahrscheinlich mit diesem kleinen Prinzen die Erbfolge in Béarn und Navarra sichern. Die Legenden von der rauen Erziehung Heinrichs seitens des Großvaters können jedoch nicht wahr sein, allein weil das Kind die ersten Jahre von Ammen betreut wurde, und der Großvater starb, als es zwei Jahre alt war. Es scheint in Béarn Sitte gewesen zu sein, die Lippen des Täuflings mit Rotwein und Knoblauch einzureiben, eine Taufe à la Gascogne, aber die Mär, dass Heinrich barfuß unter den Hirten in den Bergen aufgewachsen sein soll, ist reine Legende. Der spätere Hauslehrer Heinrichs, Palma Cayet, schrieb, als Heinrich schon König von Frankreich war, seine Biographie, und daher stammt der Bericht vom Opa und von seiner rauen Erziehung. Dieser Kindheitsbericht ist eher Propaganda des Königs, wie er gerne gesehen werden möchte.
Tatsächlich kam Heinrich in die Obhut der Familie de Miossens, die auf dem Schloss Coarraze wohnte. Die Frau, Suzanne de Bourbon-Miossens, war eine Cousine von Jeanne. Heinrich wurde demnach genau wie seine Mutter als Landadliger erzogen, und er wuchs in einer Familie mit anderen Söhnen auf, die als Erwachsene seine Gefolgsleute werden sollten. Als seine Mutter den Thron erbte, wurde er schon als Kleinkind als Kronprinz behandelt.
Die zwei Jahre zwischen Heinrichs Geburt 1553 und ihre Thronbesteigung 1555 verbrachte Jeanne wiederum in Nordfrankreich in der Nähe ihres Gatten. In dieser Zeit gebar sie einen dritten Jungen, der jedoch nicht lange lebte. Es muss hinzugefügt werden, dass Anton von Bourbon 1554 einen außerehelichen Sohn, Karl von Bourbon, mit einer Hofdame bekam. Jeanne hatte bereits mehrere Onkel, die illegitim waren, und sie scheint den kleinen Karl in ihrer Familie aufgenommen zu haben. Er wurde später Erzbischof von Rouen.
Erst als der Vater gestorben war, zog sie als Königin nach Pau und obwohl sie die Erbin war, ließ sich ihr Mann als König huldigen, was die Ständeversammlung eigentlich gar nicht wollte, dennoch ordneten sie sich dem Willen Jeannes unter.
Königin an der Seite von Anton von Bourbon (1555–1560)
Ihr Vater hatte Jeanne ein blühendes Land hinterlassen. Er hatte Industrien nach Béarn geholt, das Steuersystem effektiv gestaltet und für den religiösen Frieden gesorgt. Große Einkünfte entstanden auch durch seine Posten als Gouverneur und Admiral der französischen Krone in Guyenne. Anton von Bourbon bekam diese Posten nach seinem verstorbenen Schwiegervater, und später hat sein Sohn, Heinrich von Navarra, sie übernommen. Jeanne und Antoine standen als die größten Grundbesitzer Südwestfrankreichs finanziell sehr gut da.
1555 find Calvin seine missionarische Tätigkeit in Frankreich an. Reformierte gab es in Südwestfrankreich zu diesem Zeitpunkt längst, weil Margareta von Navarra sie mit Predigern unterstützt hatte und Gérard Roussel, einen Reformkatholiken, als Bischof in Orthez, eingesetzt hatte. Dieser Roussel war einmal Weggefährte Calvins gewesen, und dieser warf ihm vor, nicht konsequent genug zu sein, als er die Stelle als katholischer Bischof trotz seiner reformatorischen Sympathien annahm (CStA I,1).
Als Königin hatte Jeanne bei ihrer Krönung versprechen müssen, die katholische Religion zu verteidigen. Am selben Tag, nachdem sie diesen feierlichen Eid abgelegt hatte, schrieb sie an einen Vasallen, dem vicomte von Gourdon, und erzählte ihm, sie wolle über die Förderung des reformierten Glaubens im kleinem Kreis heimlich beraten. Dieser Brief ist Teil eines Briefwechsels mit zwei vicomtes de Gourdon, Vater und Sohn, die die gesamte Regierungszeit Jeannes überdauerte. Die Briefsammlung wurde im vorigen Jahrhundert entdeckt und gibt viele neue Einsichten in die Vorhaben und die Beweggründe Jeannes. Da die entdeckten Briefe uns nur als teilweise fehlerhafte Kopien vorliegen, haben viele Forscher die Briefe als Fälschungen abgetan (Text und Diskussion bei Bryson).
Der erste Brief vom August 1555 teilt uns mit, dass Jeanne schon zu diesem Zeitpunkt reformierte Sympathien deutlich aussprach. Sie schrieb dem vicomte, dass ihre Mutter sich zwischen den zwei Religionen nicht habe entscheiden können, und dass sie selbst aus Furcht vor ihrem Vater bislang nicht gewagt habe, sich offen zum Protestantismus zu bekennen. Das Edikt von Chateaubriant von 1551 verbot eindeutig jede „Ketzerei“ und deshalb schlug sie vor, die Reformierten sollten sich heimlich auf dem Schloss Odos treffen.
Es gibt sonst keine Quellen, die belegen könnten, dass Jeanne mit dem reformierten Glauben in Berührung kam. Es gab in ganz Frankreich zu der Zeit kleine zerstreute Gemeinden, sowie Prediger und Kolporteure, die reformatorische Bücher schmuggelten. Die wiederholten Verbote des Königs konnten das nicht unterbinden, sie führten nur dazu, dass Protestanten, wie Jeanne, sich heimlich treffen mussten.
In den Jahren nach 1555 verbreitete sich der reformierte Glaube mehr und mehr im Hochadel. Auch Anton von Bourbon wurde davon ergriffen, brachte reformierte Prediger nach Béarn und als er und Jeanne 1558 mit Heinrich nach Paris zogen, nahm er an großen psalmensingenden Demonstrationen außerhalb der Stadtmauern von Paris teil. Calvin war darüber hoch erfreut, denn er setzte in seiner Missionsarbeit gerne auf hochrangige Persönlichkeiten. Jeanne dagegen verhielt sich während dieser Zeit bedeckt.
In Paris kam sie mit ihrem vierten Kind, einer Tochter namens Katharina, nieder. Das kleine Mädchen war das einzige Kind, das bei Jeanne aufwachsen durfte, obwohl sie (natürlich) Erzieherinnen und Gouvernanten hatte.
Anton von Bourbon fiel nicht nur mit protestantischen Sympathien auf, sondern wie sein Schwiegervater versuchte er, den spanischen Teil von Navarra zurückzugewinnen. Heinrich d´Albret hatte seinen Besitz gut und gewinnbringend regiert, während Anton von Bourbon seiner Frau die Regierungsgeschäfte überließ, und selbst nur versuchte, ein größeres Königsreich für sich zu gewinnen. So konnte der spanische König Philipp ihm einen Tausch, erst mit dem Herzogtum Milano und später mit Sardinien, anbieten. Damit hätte Spanien den Sprung über die Pyrenäen geschafft und Südfrankreich bedrohen können. Wir würden solches Taktieren mit dem Feind Hochverrat nennen, damals räumte man freilich Adligen große Freiheiten ein, sich einen Herren auszusuchen, aber Anton von Bourbon wurde auch von den Zeitgenossen als unzuverlässig und unverantwortlich angesehen, und nicht zuletzt war er so politisch ungeschickt, dass es an Dummheit grenzte (Sutherland 1984).
Im Sommer 1559 starb Heinrich II. von Frankreich unerwartet. Sein Sohn Franz II. folgte ihm als nur fünfzehnjähriger Knabe auf dem Thron. In dieser Situation war die traditionelle Lösung, dass der erste erwachsene Erbprinz, Anton von Bourbon, ihn unterstützen sollte, und Calvin ermahnte ihn eindringlich, dieses Amt zu übernehmen und dabei den Hugenotten zu helfen. Anton von Bourbon verspielte diese Chance und überließ die Regierungsgeschäfte der Familie von Guise, besonders dem Herzog von Guise und dem Kardinal von Lorraine, die beide die antiketzerische Politik des verstorbenen Königs weiterführen wollten. Nach dem Tod Heinrichs II. bekannten sich mehrere hochrangige Adlige offen zum Protestantismus und es gab im März 1560 sogar einen hugenottischen Komplott, den König zu entführen und von seinen „schlechten Ratgebern“ zu trennen. Anton von Bourbon und sein jüngerer Bruder, der Prinz von Condé, beide notorische Reformierte, wurden wegen diesem Angriff auf den König angeklagt. Anton von Bourbon versprach Besserung, während sein Bruder, der Prinz Ludwig von Condé zum Tode verurteilt wurde. Nur der plötzliche Tod des jungen Königs rettete ihn vor der Hinrichtung. Da der neue König, Karl IX., ein zehnjähriges Kind war, brauchte Frankreich einen Regenten, nämlich den ranghöchsten Erbprinz Anton von Bourbon. Wiederum ergriff dieser nicht die Chance. Katharina von Medici ließ sich stattdessen als Regentin einsetzen und Anton von Bourbon wurde zum Generalstatthalter ernannt. Die Hugenotten mit Calvin an der Spitze waren zutiefst enttäuscht. In diesen Jahren hatte der reformierte Glaube großen Zulauf, es wurde von mehreren Tausend Gottesdienstbesuchern überall in Frankreich berichtet, von Abendmahlgottesdiensten, die zwei Tage dauerten und von Bekehrungen am Hof und im Hochadel.
1560 verließ Jeanne Paris, um zurück nach Pau zu fahren. Theodorus Beza, der engste Mitarbeiter Calvins, besuchte sie dort, und es entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit, die bis Jeannes Tod dauerte. Beza versorgte sie mit Predigern und Beratern für ihr Land. Im Dezember 1560 unternahm Jeanne den entscheidenden Schritt und bekehrte sich öffentlich zum reformierten Glauben. Während ihr Gatte nicht in der Lage war, sich an die Spitze der Hugenotten zu setzen, wurde sie jetzt die leitende Hugenottin in Frankreich.
Reformierte Königin (1560–1568)
Jeanne d´Albret war zweifelsohne eine tief religiöse Frau. Lange Zeit hatte sie äußerste Diskretion walten lassen, zwar mit ihrem Gatten reformierte Prediger gehört, aber sich niemals offen zum reformierten Glauben bekannt. Erst nachdem Anton von Bourbon sich mit dem Posten als lieutenant générale abgefunden hatte, kam sie aus der Deckung.
Es war eine Zeit, wo alle große Hoffnungen bzw. Ängste für den Protestantismus in Frankreich hegten. Drei wichtige Katholiken – der Herzog von Guise, der Konstabel von Montmorency und der Marschall St. André – schlossen sich zusammen, um Frankreich gegen die Reformierten zu schützen. Sie planten den Sturz von Anton von Bourbon und einen Angriff auf Genf mit der Hilfe des Herzogs von Savoyen, zu dessen Besitz Genf bis 1534 gehört hatte. Dieses Triumvirat war der erste Vorbote der katholischen Liga, die später Heinrich IV. hartnäckig bekämpfte (Sutherland 1973).
1560 war noch zu erwarten, dass der Protestantismus nach Frankreich gekommen war, um zu bleiben. Jeanne war sich sehr bewusst, welche Gefahren ihr von Spanien, vom Papst und von der mächtigen Familie von Guise drohten. Sie hatte noch die Hoffnung, dass der junge König Karl IX., Katharina von Medici und ihr Kanzler, der tolerante Michel de l´Hôpital, die Reformierten unterstützen würden, zumal die Königinmutter sich selbst von denen von Guise bedrängt fühlte.
Diese letzte Hoffnung erwies sich als trügerisch, aber niemals wich Jeanne später vom einmal eingeschlagenen Kurs ab. Sie konnte weder geldwerte Vorteile noch politisches Kapital aus ihren Glauben schlagen, dafür hielt sie konsequent an ihrer Überzeugung fest.
In Béarn machte sie erste vorsichtige Schritte, um das Land zu reformieren. Es gab schon Reformierte dort, und Prediger hatten angefangen, den neuen Glauben zu verbreiten, Jeanne aber träumte von einem reformierten Land, und fing langsam und vorsichtig an, diesen Traum zu verwirklichen.
Der erste Schritt war, den reformierten Glauben dem Katholizismus rechtlich gleich zu stellen. Die Kirchen wurden für beide Religionen geöffnet (das sogenannte simultaneum) und aus den Kirchen in Lescar und Pau wurden Bilder und Statuen entfernt, allerdings nicht in Form eines Bildersturms, sondern von den Behörden. Jeanne beschlagnahmte das kirchliche Vermögen nicht für sich selbst, sondern investierte es in Sozialfürsorge und Bildung.
Es ist klar, dass sie den reformierten Glauben einführen wollte, aber zu keinem Zeitpunkt vefolgte sie Andersgläubige, geschweige denn verbrannte sie. Immer setzte sie auf Überredung.
Im August 1561 begab sie sich wieder zum Hof. Überall wurde sie stürmisch von Hugenotten begrüßt, als ob sie „der Messias sei“, bemerkte verärgert der spanische Gesandte. Katharina von Medici hatte zu einem Religionsgespräch eingeladen. Dieses Gespräch fand in Poissy außerhalb Paris statt. Seitens der Krone war gewiss an eine Versöhnung oder gar einen Ausgleich zwischen den Religionen gedacht, die reformierten Teilnehmer mit Beza an der Spitze mochten jedoch keine Kompromisse eingehen. Beza wurde unterstützt von Calvin in Genf, der selbst zu krank war, um mitzukommen. Calvin war mit den Auftritten und Reden Bezas zufrieden, während z.B. der Admiral Coligny Beza als reichlich provokant wahrnahm.
Im Herbst 1562 blieb Jeanne mit ihren Kindern beim Hofe. Katharina von Medici suchte auch nach den Religionsgesprächen eine Übereinkunft mit den Protestanten, was in dem Edikt vom 17. Januar 1562 – auch Edikt von St. Germain genannt – gipfelte. Dieses Edikt, an dem der Kanzler Michel de l´Hôpital und Beza beteiligt waren, erlaubte es den Hugenotten, außerhalb der Städte Gottesdienste zu halten. Es war das günstigste Edikt, das sie jemals erlangen sollten, das Edikt von Nantes 1598 war ihm sehr ähnlich, aber nicht ganz so großzügig. Der Unterschied war, dass Heinrich IV. dafür sorgte, dass das Edikt von Nantes durchgeführt wurde, während alle frühere Edikte, so wohlgemeint sie auf dem Papier auch waren, von katholischen Behörden unterlaufen wurden, und der König zu schwach war, um für ihre Durchführung zu sorgen.
Im März 1562 massakrierte der Herzog von Guise eine reformierte Gemeinde, die innerhalb des Städtchens Wassy Gottesdienst feierte. Damit war die Versöhnungspolitik Katharinas von Medici gescheitert. Die Hugenotten unter dem Prinzen von Condé griffen zu den Waffen und Anton von Bourbon bat Jeanne den Hof zu verlassen. Er behielt seinen Sohn Heinrich bei sich, entließ aber dessen hugenottischen Hauslehrer. Jeanne beschwor ihren Sohn, nicht zur Messe zu gehen, und der junge Prinz hielt sich wohl auch ein paar Wochen daran, musste sich aber schließlich fügen. Nach ihrem Fortgang vom Hofe trat Jeanne eine monatelange abenteuerliche Reise durch Frankreich an, so gefährlich, dass die ersten Briefen von der Hand Heinrichs seine Ängste um seine Mutter bezeugen. Ihre kleine Tochter Katharina durfte sie behalten.
Im ersten Religionskrieg führte Anton von Bourbon die königlichen katholischen Truppen gegen die Hugenotten. Bei der Belagerung von Rouen wurde er verwundet und starb am 17. November. Der junge Heinrich blieb am Hofe in der Obhut Katharinas von Medici, die allerdings Jeanne gestattete, ihm wieder reformierte Hauslehrer zu geben. Sie sollte ihn erst 1564 wiedersehen.
Die Kirche in Béarn und Navarra
Ihre große Aufgabe sah Jeanne darin, die Reformation in Béarn durchzuführen.
Calvin stellte ihr Jean Raymond Merlin zur Seite, den früheren Professor für Hebräisch in Lausanne, wo er Kollege von Beza, dem Professor für Griechisch, und von Pierre Viret, dem Rektor der Akademie, gewesen war. Pierre Viret arbeitete nach seiner Zeit in Lausanne und Genf vor allem in Frankreich, besonders in den Kirchen von Lyons und Nîmes. Später sollte er für Jeanne d´Albret ihre Akademie in Orthez aufbauen. Merlin war übrigens mit einer Tochter von Marie Dentière verheiratet, derjenigen, die vor Jahren Jeanne eine selbstgeschriebene hebräische Grammatik zugesandt hatte (vgl. Graesslé13f.; Nielsen).
Merlin ging voll Eifer an die Aufgabe, eine reformierte Kirche in Béarn aufzubauen. Es gab viele Reformierte in Südfrankreich, aber meistens unter städtischen Eliten und Handwerkern. Die Reformierten waren meistens des Lesens fähig, vor allem des Lesen französischer Texte. In Südwestfrankreich sprach die Bevölkerung die langue d´oc, die alte oczitanische Sprache, in irgendeiner Form. Die Gascogne hatte ihre Sprache, in der ein Neues Testament und fünfzig Psalmen übersetzt wurden, und Béarn hatte béarnais sogar als Amtssprache. Hinzu kam, dass die Bevölkerung in Navarra Baskisch sprach. Wenn Merlin das ganze Land reformieren sollte, musste er diese Sprachbarrieren überwinden, denn die Landbevölkerung musste erreicht und für die Reformation gewonnen werden.
Jeanne d´Albret beauftragte eine Übersetzung des Neuen Testaments ins Baskische, und eine Übertragung der Psalmen, der Zehn Gebote, der Liturgie und des Katechismus Calvins in die Sprache Béarns. Der Anwalt, später Pastor, Arnaud de la Salette, stellte 1571 diese Übersetzung fertig, und obwohl sie erst 1583 gedruckt wurde, darf man annehmen, dass in der Zwischenzeit Manuskriptkopien verwendet wurden. Pastoren, die die béarnesische oder die baskische Sprache beherrschten, wurde händeringend gesucht, und von den Anderen wurde ausdrücklich verlangt, dass sie es lernen sollten. Katecheten, die vermutlich Landeskinder waren, wurden in die Gemeinden geschickt.
Allmählich verbot Jeanne katholische Riten und Gebräuche, zuerst die Fronleichnamsprozessionen, danach Maibäume und Jahrmärkte. Dann wurde die Messe abgeschafft. Der Dom von Lescar und die Kirche St. Martin in Pau wurden leergeräumt, und die dort befindlichen Schätze verkauft.
Für Merlin konnte dies nicht schnell genug gehen. In seinen Briefen an Calvin klagte er seine Not: die Bevölkerung sei stur – diese Holzköpfe! - und die Königin zu langsam und vorsichtig (CO 20, Nr. 3988 & Nr. 4061). Merlin hatte übrigens auch früher in Montargis Probleme mit Renée de France gehabt, Herzogin von Ferrara, die in ihrem Gebiet so vorsichtig war wie Jeanne in Béarn (vgl. Lambin, 2). Jeanne bekam Klagen auf der jährlichen Ständeversammlung, wo die Katholiken über den Verlust alter Freiheiten und Rechte klagten. In den sechziger Jahren musste sie mehrmals Aufstände niederschlagen.
Der Nachfolger für Merlin war Pierre Viret, der enge Freund Calvins. Er war Pastor und Rektor für die Akademie in Lausanne – mit Beza und Merlin als Kollegen – gewesen. Wegen eines Streits mit dem Stadtrat in Bern, übersiedelten 1559 alle Professoren nach Genf, um dort in der neu errichteten Akademie zu unterrichten. Von Genf begab Viret sich nach Frankreich, wo er in Lyon als Pastor arbeitete, danach leitete er die Nationalsynode in Nîmes und schließlich folgte er dem Ruf nach Béarn. Seine wesentlichste Aufgabe war es, die Akademie in Orthez aufzubauen. Die Fächer Theologie, Hebräisch, Griechisch, Philosophie und Mathematik wurden dort unterrichtet, während es keine Anzeigen für Professuren in Jura und Medizin gibt.
Vor ihrer akademischen Laufbahn absolvierten die Jungen eine fünfjährigen Ausbildung in einer Lateinschule (collège), während die Grundschule sowohl Jungen wie Mädchen unterrichtete, die Mädchen allerdings getrennt mit weiblichen Lehrkräften. Damit wurde das kleine Béarn das erste Land Europas, welches kostenlosen Unterricht für Mädchen zusicherte, und zwar mit der interessanten Begründung, dass sie so im Stande waren, ihr Brot zu verdienen und sich der Gesellschaft nützlich zu machen („Pareil rolle sera aussy faict des filles qui sont en bas aage et qui n´ont nul moyen de vivre et de s´entretenir, par toutes les églises, afin que de mesmes deniers et en écolle séparée elles soient enseignées, nourries et tenues par des femmes sages et pudiques, par leur industrie pouvoir aprés se nourrir et entretenir et servir au public“. Art. 32 der Verfassung der Akademie von 1566, zitiert nach Desplat 2004). Desplat unterstreicht die säkulare Ausrichtung der Ausbildung. Allgemein wird behauptet, der Zweck des Unterrichts in protestantischen Ländern sei, die Bevölkerung des Lesens der Bibel und des Katechismus zu befähigen. Hier werden nur die Vorteile eines Schulunterrichts für die Gesellschaft betont.
Die Akademie wurde 1566 geöffnet. Die ersten protestantischen Akademiegründungen in Frankreich fanden in Nîmes (1562) und Montpellier statt. Vorrangiges Ziel war es, die Kirchen mit Pastoren zu versorgen, da die Akademie in Genf die steigende Nachfrage der Gemeinden kaum nachkommen konnte. Da Papst Pius V. die katholischen Universitäten angewiesen hatte, Protestanten die Abschlüsse zu verweigern (Maag 2002, 140), brauchten junge Hugenotten ihre eigenen Universitäten, die dann auch gegründet wurden, vor allem in Leiden und Heidelberg, aber auch in Frankreich und benachbarten Gebieten wie Béarn, Orange und Sedan, die alle zu diesem Zeitpunkt unabhängig waren.
Jeanne hatte sehr gute Gründe, langsam und überlegt vorzugehen. Der Kardinal von Armagnac ließ sie wissen, dass sie die Bevölkerung Béarns in Ruhe lassen sollte, ihre Untertanen wollten ihren Katholizismus nicht aufgeben. Jeanne antwortete, dass sie in Béarn nur Gott über sich habe, dort könne sie ihrem Gewissen folgen, und in ihrem Land werde niemand wegen seines Glaubens verfolgt. Das letzte war ihr ein Anliegen, denn 1571 schrieb sie an ihren Statthalter, den Baron d´Arros, dass in ihrem Land niemand zum Glauben je gezwungen worden war und es auch nicht werden sollte („...intention n´a point esté et n´est encores qu´ilz soyent contraints par force et violence de se reanger à ladite Religion“, d´Aas 2002, 452).
Als sie sich bei der Einführung der Reformation in ihren Ländern unnachgiebig zeigte, zitierte der Papst sie nach Rom zwecks eines Ketzerprozesses. Da sie dieser Einladung nicht folgte, exkommunizierte er sie. Der Bann war eine ernste Bedrohung, da jeder katholische Herrscher jetzt das Recht hatte, ihre Länder an sich zu reißen und sie abzusetzen, eine Chance, die Philipp II. von Spanien sich nicht entgehen lassen würde. Katharina von Medici verteidigte deshalb Jeanne, weil sie keine spanische Präsenz auf der französischen Seite der Pyrenäen dulden wollte. Außerdem war sie eine Verfechterin der gallikanischen Freiheit der französischen Kirche und meinte deshalb, der Papst solle sich nicht in die Angelegenheiten der Kirche einmischen.
Königin der Hugenotten
Nach dem ersten Religionskrieg (1562-63) ließ Katharina von Medici den jungen Karl IX. mündig erklären und führte ihn mit dem Hof auf eine große Frankreichreise, die mehrere Jahre dauerte. Der Zweck dieser Reise war es, den König dem Volk zu zeigen, und damit die Loyalität der Bevölkerung zu erhalten. Jeanne wurde als Vasallin einberufen und stieß Ende Mai 1564 zum Zug in Macon.
Ihr Sohn Heinrich nahm auch Teil an diese Reise und seinetwegen stritten die zwei Königinnen sich, weil Jeanne ihn bei ihren protestantischen Gottesdiensten dabei haben wollte, und Katharina wünschte, dass er mit der königlichen Familie zur Messe gehe. Schließlich sandte Karl IX. Jeanne zu ihrem Besitz in Vendôme, während Heinrich als Gouverneur von Guyenne den Zug begleitete und in den Städten für den feierlichen Empfang des Königs sorgte.
Jeanne durfte nicht mit nach Bayonne, wo Katharina ihrer Tochter Elizabeth, Königin von Spanien, begegnen wollte. Philipp II. sandte als seinen Gesandten den Herzog von Alba, der auf dem Weg in die Niederlande war. Die Hugenotten waren später überzeugt, dass Alba und die Königinmutter in Bayonne ihre Ausrottung geplant hatten. Sicher ist, dass Alba in den Niederlanden mit aller Härte gegen die Protestanten vorging, und es ist durchaus möglich, dass er versuchte, Katharina auf seinen mörderischen Kurs einzustimmen. Schon 1568 – also vor der Bartholomäusnacht! – schrieb Jeanne, dass die Waffen, die gegen die Hugenotten verwendet werden sollten, in Bayonne geschmiedet worden seien (Ample déclaration).
Jeanne und Heinrich trafen sich später in Paris. 1566 ersuchte sie erneut um Erlaubnis, mit ihren beiden Kindern nach Béarn zu fahren, was ausgeschlagen wurde. Sie erhielt aber Erlaubnis, ihren Sohn in seinen französischen Ländereien herumzuführen, und Anfang 1567 reiste sie dann mit ihm nach Vendôme, und von dort setzte sie sich unerlaubt ab nach Béarn. Damit machte sie laut des Biographen Heinrichs, Pierre Babelon, aus einem französischen Prinzen einen Ausländer, und vor allem einen Hugenotten.
Von 1567 an arbeitete Jeanne für die Zukunft ihres Sohnes. Ihre Lebensaufgabe, schrieb sie selbst, sei: Gott, Königtum und ihr Blut. Mit Gott war die reformierte Religion, die wahre Kirche Gottes, gemeint. Mit dem König ihr Status als Vasallin und – trotz Béarn – als Französin, und mit dem „Blut“, die Familie, zuallererst ihr Sohn Heinrich. Er sollte von jetzt an kein Höfling mehr sein, sondern die Aufgaben eines Regenten lernen. Als ein Aufstand in Navarra niedergeschlagen worden war, wurde er dorthin geschickt, um die Basken zu befrieden. Als 14jähriger hielt er für seine Untertanen eine Rede, in welcher er ihr Fehlverhalten geißelte, ihnen die Gunst der Königin zusicherte, falls sie sich verbessern würden, und seinen berühmten Charme mit seinem Autoritätsanspruch verband.
Im Herbst 1567 versuchten die Hugenotten, die sich von der Aufrüstung des Königs bedroht fühlten, Karl IX. in ihre Gewalt zu bringen. Die Entführung missglückte, und die königliche Familie suchte, beschützt von den schweizerischen Söldnern, die die Ängste der Hugenotten verursacht hatten, Zuflucht in Paris. Die Hugenotten belagerten die Stadt. Im November wurden sie vor den Toren von St. Denis geschlagen und mussten sich in die Provinz zurückziehen, wo sie den Kampf bis zum Friedenschluss von Longjumeau im März 1568 fortsetzen.
Der Friedensvertrag war an sich nicht ungünstig für die Hugenotten, nur haperte es wie immer mit der Umsetzung. Katholische Behörden waren über die für die Hugenotten günstigen Bedingungen empört und setzten sie nicht um. Der Protestant La Noue schrieb in seinen Erinnerungen, dass der Krieg zwar viel Unheil bringe, aber dieser elende kleine Friedensvertrag sei viel schlimmer für die Reformierten, die in ihren Häuser umgebracht wurden, ohne dass sie sich zu wehren wagten („ …une guerre est misérable et qu´elle apporte avec soy beaucoup des maux…cette méchante petite paix est beaucoup pire pour ceux de la Réligion, qu´on assassinoit en leur maisons, et ne s´osoyent encores défendre“, d´Aas 2002, 382) Im Laufe des Sommers 1568 versuchten die Gruppierungen noch einmal miteinander zu reden, Karl IX. sandte einen Botschafter nach Béarn, und Jeanne verfasste ein Sendschreiben an den König mit dem Antrag, den Frieden in Guyenne wiederherzustellen.
In der Zwischenzeit fühlten sich der Prinz von Condé und der Admiral Coligny auf ihre Schlösser in Bourgogne zunehmend bedroht. Der Herzog von Alba wollte in den Niederlanden mit Feuer und Schwert den Protestantismus auszurotten, und Flüchtlinge berichteten ihnen von seinem Terror. Am 23. August 1568 flüchteten sie mit ihren Familien und Angehörigen über die Loire nach La Rochelle. Die Überquerung der Loire erinnerte fast an den biblischen Durchzug durchs Schilfmeer: so viele Hugenotten hatten sich angeschlossen, dass der Zug fast wie eine Völkerwanderung aussah, und die Loire hatte in der Augusthitze einen so niedrigen Wasserstand, dass Sandbanken in der Mitte auftauchten. Dementsprechend sangen alle Psalm 114 vom Auszug der Israeliten aus Ägypten, als sie hinüber waren. Die Parallele wurde noch einmal deutlich, als die königlichen Truppen, die sie verfolgten, wegen plötzlich einsetzenden Hochwassers den Fluss nicht überqueren konnten.
In dieser Situation war Jeanne zutiefst gespalten. Bislang hatte sie die Kriege moralisch unterstützt, aber nicht selbst teilgenommen. Falls es zu kriegerischen Auseinandersetzungen kommen sollte, konnte sie immer mit ihren Kindern in der uneinnehmbaren Festung Navarrenx Zuflucht suchen. Sie hatte jedoch ihren Sohn, der als zukünftiger Führer der Hugenotten das Kriegshandwerk lernen sollte, und so musste sie wählen, ob sie in Béarn unter ihrem Volk bleiben oder sich den Hugenotten anschließen sollte: „ich hatte den Krieg im Bauch“ schrieb sie danach („J´eu la guerre en mes entrailles“, Ample declaration). Sie setzte den Baron d´Arros als Statthalter ein, und Anfang September begab sie sich in Eilmarsch nach La Rochelle (Cocula 2004). Dort konnte sie ihren Sohn dem Prinzen von Condé überantworten. Sie schrieb unterwegs eine Reihe Briefe an Karl IX., an Katharina von Medici, an ihren Schwager, den Kardinal von Bourbon und an die Königin Elizabeth von England, um ihren Entschluss zu begründen. Angekommen in La Rochelle schrieb sie eine Erklärung („Ample declaration“) um der Öffentlichkeit zu erklären, warum sie sich der hugenottischen Armee zugesellte.
Die Hugenotten unter ihren Anführer aus der königlichen Familie wollten nicht als Aufrührer dastehen. Sie behaupteten, die erzkatholische Partei sei schuld daran, dass königliche Befehle nicht vollzogen wurden. Die Katholiken mit ihren Verbindungen nach Spanien und Rom seien Landesverräter. Die Politik des Kardinals von Lorraine verdient laut Sutherland (1974) keinen anderer Namen. Wenn Jeanne vom Frieden sprach, meinte sie eine Duldung der Hugenotten in Frankreich. Die Forderungen der Hugenotten waren immer dieselbe: Erlaubnis, Gottesdienste zu feiern, Gerichte mit zur Hälfte hugenottischen Richtern, sichere Zufluchtsstädte – deren Anzahl schwankte in den Verhandlungen – und Zugang zu Ausbildung und Beamtenstellen gleichrangig mit den Katholiken. Die Provinz Languedoc unter dem moderat katholischen Gouverneur Montmorency-Damville war ein friedlicher Ort in den Religionskriegen, weil Damville den Hugenotten solche Rechte einräumte, und die katholische Bevölkerung sich damit abfand.
Im März 1569 fand eine Schlacht bei Jarnac statt. Der Prinz von Condé kämpfte mit, wurde verwundet und nach der Schlacht ermordet. Es gelang Admiral Coligny, die hugenottischen Truppen zusammenzuhalten, aber der Verlust des Prinzen war ein herber Schlag. Heinrich von Navarra war jetzt der ranghöchste Prinz, und zusammen mit seinem Vetter, dem gleichaltrigen Heinrich von Condé, wurde er jetzt Oberbefehlshaber über die Armee der Prinzen. In Wirklichkeit lag die Verantwortung für die Kriegsführung bei dem erfahrenen Admiral, und die beiden Prinzen wurden seine Pagen genannt.
Jeanne blieb in La Rochelle, während Coligny mit den Prinzen im Krieg war, und sie konnte, unterstützt von einem Rat adliger Hugenotten, die „Regierungsgeschäfte“ regeln. Sie schrieb an England und nach Deutschland. Sie unterzeichnete Erlässe, versuchte Geld für das Heer aufzutreiben, pfändete ihren schönsten Schmuck für einen Kriegsdarlehen an Elizabeth von England und ließ ein Kriegsschiff namens „Die Hugenottin“ bauen.
So wie sie immer behauptete, nicht gegen den König, sondern gegen seine schlechten Ratgeber zu kämpfen, so behauptete Karl IX., dass sie in La Rochelle von den Hugenotten gefangen gehalten wurde, und er ließ den Baron Terride mit einer „Befreiungsarmee“ in Béarn einfallen. In kürzester Zeit waren ganz Béarn und Navarra erobert und zum Katholizismus zurückgeführt. Nur der Baron d`Arros hielt im Navarrenx stand. Um ihre Länder zurückzuerobern, sandte Jeanne den Graf von Montgommery mit einer „Hilfsarmee“ nach Navarrenx. In noch kürzerer Zeit als Terride gebraucht hatte, verjagte er ihn aus Béarn. Die Befreiung von Terride wurde in Pau mit einem Festgottesdienst gefeiert, wobei Pierre Viret über Psalm 124, 7: „Unsere Seele ist aus dem Netz des Vogelfängers entkommen“ predigte.
Vom Winter 1569 bis zum Frühjahr 1570 führte Coligny sein Heer mit den Prinzen Heinrich von Navarra und Heinrich von Condé durch ganz Südfrankreich und von Provence nach Norden, bis er Paris bedrohte. Der König hatte kein Geld mehr, um Krieg zu führen, und musste notgedrungen Friedensverhandlungen einleiten. Im August 1570 wurde dann der Frieden von St. Germain geschlossen. Wiederum war Jeanne d´Albret diejenige, die auf Augenhöhe mit dem König verhandeln konnte. Der Vertragstext erklärt immer wieder, dass der König die Bedingungen seiner Tante erfüllen wollte (Sutherland 1980, Potter 1997).
Jeanne blieb vorläufig in La Rochelle. Im April 1571 fand dort die Nationalsynode der reformierten Kirchen Frankreichs statt. Theodor Beza kam aus Genf angereist, um die Synode zu leiten. Pierre Viret wollte teilnehmen, starb aber vorher, vermutlich hatte seine Gesundheit in der Gefangenschaft unter Baron Terride gelitten. Auf der Synode wurde das französische Glaubensbekenntnis von 1559 neu verhandelt und die endgültige Fassung als „Bekenntnis von La Rochelle“ beschlossen. Darüber hinaus wurde eine Kirchenordnung für Béarn beschlossen, und die Synode diskutierte Fragen, die Jeanne d´Albret gestellt hatte. Als Ersatz für Pierre Viret bekam sie Nicolas des Gallars zur Seite gestellt. Er war Calvins Sekretär gewesen, danach hatte er die „Strangers´ Church“, die Kirche für Ausländer in London, als Nachfolger für Johannes à Lasco geleitet und dann an Bezas Seite im Colloquium von Poissy 1561 gestanden. Er war Pastor in Orléans gewesen und wurde jetzt Seelsorger für Jeanne d´Albret und ihr theologischer Ratgeber für die Kirche in ihrem Land.
Er war eine gute Wahl, denn während Beza sehr an dem Konzept von Genf hing und ein presbyteriales Kirchenverständnis (Kingdon 1967) hatte, war des Gallars in England gewesen, als Königin Elizabeth nach dem Tod ihrer katholischen Schwester die anglikanische Kirche einführte. Außerdem behauptet Bernard Roussel (2004), dass er das Buch Martin Bucers „De regno Christi“ von 1550 mitbrachte. Dieses Buch ist dem englischen König Edward VI. gewidmet und beschreibt, wie ein König eine reformierte Kirche leiten kann. Damit hatte des Gallars ein Konzept für eine von einer Fürstin geleitete Kirche, die dann in den Jahren als Heinrich und Katharina von Navarra das Erbe der Mutter verwalteten, Bestand hatte.
Während Jeanne in La Rochelle noch weilte, ereilte sie ein Angebot von Katharina von Medici, ob ihren Sohn Heinrich die Tochter Katharinas heiraten mochte. Hugenotten und Katholiken würden sich versöhnen und die Häuser Valois und Bourbon sich nahekommen. Dieses Angebot war zu verlockend, um es auszuschlagen, aber Jeanne traute Katharina nicht so recht, jedenfalls wollte sie nicht gleich nach Paris ziehen, um über die Ehe zu verhandeln.
Stattdessen fuhr sie nach Pau zurück, führte die neu beschlossene Kirchenordnung ein und kümmerte sich um ihre Länder. Die Tuberkulose machte sich bemerkbar und sie wollte zur Kur in die Bergen fahren. Währenddessen zogen sich die Eheverhandlungen hin, bis Jeanne endlich im Frühjahr 1572 nach Paris zog. In den Briefen an ihren Sohn hört man von den Verhandlungen, von ihrer Missbilligung des höfischen Lebens und von ihrem Ärger mit Katharina. Jeanne wollte so viele Rechte wie möglich für ihren Sohn und die Hugenotten aushandeln. Am Ende musste sie es aufgeben, Margareta von Valois, Margot genannt, zum reformierten Glauben zu bekehren. Dafür hoffte sie aber, dass das Brautpaar nach Béarn ziehen würde. Eine königliche Mischehe war etwas ganz Neues und musste in Detail besprochen und geplant werden. Jeanne handelte das Meistmögliche für ihren Sohn aus und im April 1572 wurde eine Einigung erzielt. Heinrich sollte allerdings noch eine Weile in Béarn bleiben und Jeanne bereitete in Paris die Hochzeit vor.
Die zähen Verhandlungen im Frühjahr hatten viel Kraft gekostet, Jeanne hielt sich aber tapfer. Im Juni brach sie zusammen und starb am 9. Juni an der Tuberkulose, die sie seit Jahren geplagt hatte. Später entstanden Gerüchte, sie sei von Katharina von Medici vergiftet worden. Diese sollte ihr ein Paar Handschuhe, die von ihrem privaten Giftmischer präpariert worden seien, geschenkt haben. Da Katharina nach den Massakern von St. Bartholomäus, die in der Periode von August bis November 1572 stattfanden, von den Hugenotten als der Inbegriff des Bösen dargestellt wurde, gehört der Giftmord an Jeanne d´Albret zu den Verleumdungen.
Heinrich traf erst etwas später in Paris ein. Im Testament Jeannes hatte sie sich gewünscht, in Béarn bei ihrem Vater beerdigt zu werden. Ihr Sohn setzte sich über ihren letzten Willen hinweg: sie wurde nach Vendôme geführt und neben ihrem Mann, Anton von Bourbon, bestattet.
Trotz ihre Fähigkeiten wurde sie eine Fußnote in der Geschichte Frankreichs: ihr Sohn wurde zwar als Heinrich IV. König von Frankreich, aber er wurde katholisch und aus den Hugenotten wurde, dank des Ediktes von Nantes 1598, eine geduldete Minderheit. Die Kirche, die Jeanne in Béarn aufgebaut hatte, wurde unter ihrem Enkelsohn, Ludwig XIII., verboten. 1685 wurde dann das Edikt von Nantes aufgehoben, und die Reformierten wurden grausam verfolgt. Viele flüchteten, viele konvertierten und viele wurden umgebracht. Die großen Hoffnungen, die die Hugenotten um Jahr 1560, als Jeanne konvertierte, hegten, erwiesen sich als trügerisch.
Wenn auch letztlich nicht erfolgreich, war sie dennoch bewundernswert. Mit dem Admiral Coligny zusammen hatte sie den Frieden von St. Germain errungen, dann eine Landeskirche aufgebaut und ihre Kinder gefördert. Sie war die reformierte Präsenz in der königlichen Familie und in ihren letzten Jahren wurde sie die Königin der Hugenotten.
Stammtafeln der Familie von Valois und der Familie von Bourbon (PDF)
Literatur
Quellen:
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Nielsen, Merete: Marie Dentière,
Eine neue Sicht Calvins und der ''Kirchenzucht'' im Lichte der Protokolle des Genfer Konsistoriums
Von Robert M. Kingdon
Seit vielen Jahren analysiert und ediert der amerikanische Historiker Prof. Dr. Robert M. Kingdon die Protokolle. Anhand einzelner Beispiele aus dem Genfer Alltag gibt er einen ersten Einblick in die Arbeit des Konsistoriums.
Zur Information vorweg:
Die Edition der Protokolle des Genfer Konsistoriums umfasst zur Zeit 4 Bände mit „Registres du Consistoire“ aus den Jahren 1542 bis 1550.
Die Bände sind in Deutschland über den Verbundkatalog GBV ausleihbar:
Registres du Consistoire de Genève au temps de Calvin (Registers of the Consistory of Geneva in the time of Calvin)
Der erste Band mit Protokollen aus den Jahren 1542 – 1544 liegt seit 2000 auch in englischer Übersetzung vor (eine Rezension im Internet hier >>>).
Online Veröffentlichung eines Textes aus der Reformierten Kirchenzeitung: RKZ 138 (1997), 567-573
Der folgende Vortrag wurde von Professor Dr. Kingdon aus Madison (USA) auf dem Internationalen Calvinkongreß in Edinburgh im Jahr 1994 gehalten. Die neu zugänglich gemachten Protokolle zeigen, daß die Genfer Kirchenzucht anders, als bisher angenommen, durchgeführt wurde: Das Konsistorium war Ausgleichsinstanz und nicht Inquisitionsgericht. Die Vernehmung endete mit einem Verweis und, wenn dieser angenommen wurde, mit einer Ermahnung. Der »Fall« war dann erledigt. Kam es zum Ausschluß vom Abendmahl, so betrieb das Konsistorium in gleicher Weise die Wiederzulassung. Neu ist, daß es sich auch um Streitigkeiten z. B. in Familien kümmerte und die Versöhnung in einem gottesdienstlichen Akt besiegelte. W.H. Neuser
Dieser Vortrag ist im Rahmen eines Projektes entstanden, mit dem ich mich seit einigen Jahren befasse, einer Untersuchung nämlich des 1541 auf Anregung Johannes Calvins in Genf eingerichteten Konsistoriums. Dieses sollte das Verhalten der gesamten Bevölkerung kontrollieren und so gewährleisten, daß jeder nicht nur die reformierte Form der christlichen Lehre akzeptierte, sondern auch ein christliches Leben führte. Ein ungewöhnlich detailliert und vollständig erhaltener Satz von Protokollen, aufbewahrt im Genfer Staatsarchiv, überliefert die Entscheidungen dieser Institution. Da in sehr unleserlicher Handschrift geführt, wurden diese Protokolle jedoch bisher nicht ausführlich ausgewertet. Ich habe eine Gruppe von Forschern versammelt, die eine Transkription aller einundzwanzig Bände vorbereitet, und zwar zwischen 1542, dem Jahr, aus dem das erste Register überliefert ist, und 1564, dem Todesjahr Calvins. Eine kommentierte, kritische Edition des ersten Bandes erschien gerade im Verlag Droz in Genf.
Im folgenden möchte ich mich mit der Frage befassen, was diese Register über die Person Johannes Calvins selbst aussagen. Sie werden uns einen überraschend neuen und anregenden Blick auf Calvin eröffenen, nicht auf den Theologen oder Lehrer, sondern auf den Pastor, der sich mit den persönlichen Sorgen der ihm anvertrauten Gemeinde zu befassen hatte.
Das Konsistorium und seine Arbeitsweise
Das Konsistorium bestand aus ungefähr zwei Dutzend Mitgliedern. Den Vorsitz führte einer der vier Syndici oder Bürgermeister, die jedes Jahr von den führenden Mitgliedern der Genfer Regierung gewählt wurden. Während dieser jährlichen Wahl wurde außerdem eine Gruppe von zwölf Laien als Älteste gewählt und dem Konsistorium zugeordnet. Diese Ältesten konnten mehrere Jahre hintereinander immer wiedergewählt werden, was auch häufig geschah. Sie kamen aus den Reihen der drei Genfer Regierungsgremien: zwei aus dem Kleinen Rat, der eigentlichen Exekutivgewalt, vier aus dem Rat der Sechzig, zuständig für zum Beispiel bestimmte außenpolitische Entscheidungen, und sechs aus dem Rat der Zweihundert, befaßt mit anderen politischen Fragen und Berufungen gegen Urteile des Kleinen Rates in Kriminalprozessen. Diese Ältesten wurden außerdem so ausgewählt, daß sie die verschiedenen Nachbarschaften repräsentierten, in die Genf aus verwaltungstechnischen Gründen eingeteilt war. Die übrigen Mitglieder des Konsistoriums waren die städtischen Pfarrer unter dem Vorsitz von Johannes Calvin. Auf der Höhe von Calvins Karriere waren es zwölf an der Zahl, so daß das Verhältnis zwischen Klerikern und Laien relativ ausgeglichen war. Außerdem gehörten zum Konsistorium zwei weitere Amtsträger; ein Sekretär, in der Regel ein professioneller Notar, der auf den wöchentlichen Treffen die Protokolle führte, sowie ein Bote, der diejenigen, die das Konsistorium sprechen wollte, vorlud.
Das Konsistorium traf einmal wöchentlich, immer donnerstags zusammen. Die Sitzungen dauerten in der Zeit um Calvins Tod mehrere Stunden. Die Ältesten, der Sekretär und der Bote des Konsistoriums erhielten für jede Sitzung, an der sie teilnahmen, eine kleinere Summe ausbezahlt. Die Pfarrer wurden hierfür als Amtsträger des Staates nicht gesondert entlohnt. da die Teilnahme an den Sitzungen als normaler Bestandteil ihres Aufgabenbereiches angesehen wurde. Die Personen, die vor das Konsistorium zitiert wurden, kamen aus allen Schichten und Lebensbereichen der Stadt: es waren Adlige, manchmal Exulanten, die in der Stadt lebten; städtische Patrizier, Kauf- und Geschäftsleute. Mitglieder der regierenden Elite; Handwerksmeister. Gesellen und Dienstpersonal. Ein großer Prozentsatz, in manchen Kategorien die Mehrheit, waren Frauen. Ein gewisser Anteil waren Analphabeten. Die Protokolle zeigen uns so einen echten Querschnitt durch die Genfer Gesamtbevölkerung. Sie verschaffen uns faszinierende und detaillierte Informationen über das Verhalten und die Ansichten von Leuten, die oft keine anderen historischen Zeugnisse hinterlassen haben.
Eine typische Eintragung in das Konsistorialprotokoll beginnt mit dem Namen der vorgeladenen Person, es folgen eine kurze Beschreibung der Anschuldigungen, eine etwas ausführlichere Entscheidung des Konsistoriums. Alles zusammen umfaßt meist nur einen kurzen Abschnitt. Längere Eintragungen jedoch waren nichts Außergewöhnliches, einige erstrecken sich über mehrere Seiten oder beziehen sich auf das Erscheinen ein und desselben Beklagten an mehreren Sitzungstagen. Am Ende verhängte das Konsistorium gewöhnlich eine »Ermahnung« oder einen »Verweis«, eine Art öffentlicher Strafpredigt. Akzeptierte der Vorgeladene diesen Tadel willig und zeigte wirkliche Reue, ohne Widerworte oder Protest, war der Fall damit abgeschlossen. Waren in einem Fall mehrere Personen verwickelt. zum Beispiel bei öffentlich ausgetragenen Streitigkeiten zwischen Familienmitgliedern, Geschäftspartnern oder Nachbarn, konnte sich der Ermahnung eine formelle Versöhnung anschließen. In ernsten Fällen wurde diese Versöhnung selbst zu einem öffentlichen Zeremonie. Damit endeten dann die meisten Verhandlungen.
Unser Wissen über die Arbeitsweise des Konsistoriums wurde bisher dadurch verzerrt, daß sich die Geschichtsschreibung in der Vergangenheit auf einige spektakuläre Fälle, in denen Angeklagten heftig Einspruch erhoben und streng bestraft wurden, konzentrierte. So entstand das Bild des Konsistoriums als eine Art Inquisitionsgericht. Proteste gegen dessen Entscheidungen blieben jedoch immer eine Ausnahme. Das Konsistorium war mehr eine Art verbindlicher Ausgleichsinstanz als ein Gericht. Das Recht, Verweise zu erteilen und Aussöhnungen herbeizuführen, war das einzige. das dem Konsistorium von Anfang an von jedermann zugestanden wurde. Francois Bonivard. Verfasser der ersten historische Analyse der Genfer Verfassung nach der Reformation, hat diesen Umstand nachdrücklich betont. (1) Und Bonivard kannte die Verhältnisse aus eigener Anschauung. Er war mehrere Male vor das Konsistorium zitiert worden. erstmals bereits in der Frühzeit der Institution. Einem weltgewandten Adligen wie Bonivard mag eine Ermahnung nicht als besonders ernstzunehmende Strafe erschienen sein. Viele einfache Genfer jedoch fürchteten sich davor, und zwar so sehr, daß manche lieber die Stadt verließen, als einer Vorladung des Konsistoriums Folge zu leisten.
Bald schon beanspruchte das Konsistorium das Recht, diejenigen, die sich größerer Sünden schuldig gemacht hatten oder sich uneinsichtig zeigten, zu exkommunizieren. Die Exkommunikation war eine harte Strafe und konnte zu allgemeiner Ächtung oder gar Verbannung aus der Stadt führen: Das Konsistorium sah sein Exkommunikationsrecht als absolut an; eine einmal verhängte Exkommunikation sei nicht durch Berufung auszusetzen oder rückgängig zu machen. Es kämpfte verbissen für dieses Recht und erreichte die offizielle Anerkennung im Jahre 1555, als die freidenkerischen Anhänger Ami Perrins, der sich der Exkommunikation widersetzt hatte. durch die Fraktion Calvins blitzartig und brutal entmachtet wurden.
Das Konsistorium beanspruchte außerdem von Anfang an das Recht. bestimmte Fälle zwecks weiterer Untersuchung und, wenn nötig. Einberufung einer formellen Gerichtsverhandlung und Verhängung einer Strafe, an den Kleinen Rat, Genfs wirkliche Exekutivmacht, weiterzuleiten. In den ersten Jahren wurden solche Fälle nur hin und wieder tatsächlich im Rat verhandelt, meistens jedoch ignoriert oder gar abgewiesen. Später wurden sie in der Regel, wenn auch nicht immer, berücksichtigt Diese Entwicklung möchte ich hier jedoch nicht weiter verfolgen. Mich interessiert die Praxis der Ermahnung.
Calvins persönlicher Beitrag zur Arbeit des Konsistoriums
Einer der ersten Biographen Calvins berichtet, dieser habe Wert darauf gelegt, an den Konsistoriumssitzungen regelmäßig teilzunehmen, und »habe alle Verweise selbst ausgesprochen« (2). Das ist gewiß eine Übertreibung, enthält aber auch ein wichtiges Körnchen Wahrheit. Die Protokolle verschweigen den Namen der Person, die die abschließende Ermahnung aussprach, zumeist, und weisen nur daraufhin, daß diese in der Tat erfolgte. Das entsprach der Meinung der Genfer und auch Calvins, der zufolge derlei Entscheidungen nie mit dem Namen einer bestimmten Person identifiziert, sondern gemeinsam getroffen werden sollten. In einer Reihe von Fällen wird der Namen desjenigen, der den Verweis erteilte, jedoch genannt. Fast immer übernahm ein Kleriker, nur selten jemand aus den Reihen der Laienältesten diese Aufgabe. Und häufig war dieser Kleriker in der Tat Johannes Calvin. Wenn Calvin selbst die Ermahnung aussprach, betonte er jedoch häufig, nicht für sich selbst zu sprechen, sondern im Namen des gesamten Konsistoriums.
So enttäuschend unvollständig die Protokolle im Hinblick auf die Frage sind, wer jeweils die Verweise erteilte, so unvollständig sind sie bezüglich deren Inhalte. Ich hoffe immer noch, einmal einen solchen Text vollständig vorzufinden, bisher jedoch vergeblich. Einige Eintragungen geben uns aber immerhin eine allgemeine Vorstellung vom Inhalt dieser Vorhaltungen.
Oft enthalten sie Hinweise auf die Bibel. In einem nicht untypischen Fall zum Beispiel übermittelte Calvin Benoite Ameaux, einer Frau, die angeklagt war, ehebrecherische Praktiken zu verteidigen, »schöne Ermahnungen aus der Heiligen Schrift«. Solche Bemerkungen bestätigen den Eindruck, den ich im Verlaufe der Lektüre anderer Quellen gewonnen habe: Eine sehr wichtige Grundlage für Calvins Einfluß in Genf war sein Umgang mit der Bibel. Natürlich kannte er die Bibel sehr gut. Er besaß ein außergewöhnliches Talent, spontan solche Zitate aus dem Wort Gottes in ein Gespräch einzuflechten, die dem jeweiligen Gegenstand der Diskussion besonders angemessen erschienen. Er setzte diese Bibelworte so geschickt ein, daß seine Zuhörer überzeugt waren, er verstehe ihre Bedeutung besser als jeder andere.
Die abschließende Ermahnung
Lassen Sie mich nun meine Argumentation konkret durch einige Beispiele untermauern, wie Calvin während der Konsistoriumssitzungen Ermahnungen aussprach. Die folgenden Fälle stammen aus dem 1548 einsetzenden Register. Zu diesem Zeitpunkt übernahm ein neuer Sekretär die Aktenführung, und während seiner ersten Amtsmonate waren seine Eintragungen etwas ausführlicher als die seiner Vorgänger.
Hier also drei Fälle, alle aus der Sitzung vom 23. Februar:
1. Pierre Tornier war vermutlich ein Bauer aus dem Dorf Peney, das während der politischen Veränderungen, die in die Reformation mündeten, unter Genfer Vorherrschaft geblieben war. Er war von dem für die Regierung des Dorfes verantwortlichen Amtsträger außerehelichen Geschlechtsverkehrs bezichtigt und an das Konsistorium verwiesen worden. In Peney war er bereits vorschriftsmäßig bestraft worden, das heißt vermutlich mit ein paar Tagen Gefängnis bei Wasser und Brot. Er mußte nun erscheinen, um seine Reue für die begangene Sünde und den dadurch verursachten Skandal zu bekunden. Calvin ermahnte ihn, »ein Christ solle keinen unerlaubten Geschlechtsverkehr haben, sondern Keuschheit in Körper und Geist üben«. Tornier zeigte Anzeichen von Reue und wurde nach Hause geschickt.
2. Jean Frochet, offenbar ein relativ junger Mann, war von dem Vorsitzenden Syndikus vor das Konsistorium geladen worden; er vernachlässigte seine Arbeit als Schneider und verschwende seine Zeit statt dessen in der Gesellschaft von Taugenichtsen. Calvin verwies ihn, »ein junger Mann solle keusch und bescheiden leben, Vater und Mutter dienen und sich nicht zusammen mit Tagedieben dem Alkohol hingeben«. Er riet Frochet, zurück zur Arbeit zu gehen und »mit Vater und Mutter zu leben, wie es sich für einen Christ gehört«.
3. Francoise des Calegny, eine Einwanderin aus Burgund, war ungehörigen Verhaltens mit einem Hund angeklagt. Nachdem ihr Baby gestorben war, hatten sich ihre Brüste fiebrig entzündet. Sie stillte einen kleinen Hund, um die Schmerzen zu bekämpfen. Calvin hielt ihr vor, »es sei ein Skandal und verletze den guten Geschmack, Hunden zu geben, was Kindern gehöre, und sprach noch weitere christliche Ermahnungen aus«. Sie bat das Konsistorium um Verzeihung, gab der Hoffnung Ausdruck, nie wieder vorgeladen zu werden, und zeigte Anzeichen von Reue.
Hier noch ein weiterer Fall, vom 1. März in der drauffolgenden Woche:
Marquet, der Hutmacher, und seine Frau wurden wegen häuslicher Streitigkeiten vorgeladen. Er hatte sie mit einer Peitsche geschlagen zur Strafe dafür, daß sie sein Verbot mißachtet hatte, sich mit einer anderen Frau, der Ehefrau eines Mannes namens Phocasse, zu treffen. Seine Frau hingegen behauptete, daß sie krank geworden sei. Er erklärte, eines Abends auf der Suche nach seiner Frau zum Haus der Phocasse gegangen zu sein, wo ihm jemand Wasser über den Kopf geschüttet habe. Calvin tadelte ihn, »ein Christenmensch behandele seine Frau nicht so«. Und er ermahnte die Frau, sie solle »die Frau des Phocasse nicht gegen den Willen ihres Mannes besuchen«.
Ein anderer Fall betrifft Claude, die Witwe des Andre Dhatena. Sie wurde wegen außerehelichen Geschlechtsverkehrs mit einem jungen Mann vorgeladen, der die Stadt inzwischen verlassen hatte. Sie war vor Gericht bereits zu acht Tagen Gefängnis verurteilt worden. Calvin ermahnte sie, Gott erwarte, »daß eine Frau die Sünde außerehelichen Geschlechtsverkehrs bereue«. Danach wurde sie entlassen, mit einer abschließenden Warnung, sich nicht noch einmal so verführen zu lassen.
Zwei weitere Fälle betreffen Beleidigungen gegen Pfarrer:
1. Balthasar Shet (= Sept) wurde am 12. April vorgeladen und bezichtigt, den Pfarrer Abel Poupin verspottet zu haben. Er habe gelacht, als Poupin in einer Predigt von der »schrecklichen Trompete des Zornes Gottes« sprach. Calvin verwies ihn, es sei »ungehörig für einen jungen Menschen, das Wort Gottes auf solche Weise zu verspotten«. Sept wandte ein, er habe sich weder über den Prediger noch über das Wort Gottes lustig machen wollen. Er gab jedoch zu, tatsächlich über Poupin gelacht zu haben, und bat Gott und die Regierung um Vergebung.
2. Jean le Bragart wurde am 17. Mai vorgeladen und bezichtigt, den Pfarrer Jean Ferron in betrunkenem Zustand beleidigt zu haben. Als Ferron ihn nicht beachtet habe, habe le Brauart erklärt, es sei für den Pfarrer an der Zeit, die Stadt zu verlassen und woanders hin zu gehen. Er argumentierte auf eine zumal für einen Betrunkenen recht originelle Art und Weise. Unter Berufung auf die letzten Verse des ums, das Gebot Jesu an seine Jünger, hinzugehen und aller Welt das Evangelium zu predigen, teilte er Ferron mit, es sei Zeit für ihn weiterzuziehen und eine andere Gemeinde zu bekehren. Calvin schalt le Bragart, er habe »diesen Abschnitt der Schrift pervertiert«. Le Bragart wurde dann gefragt, ob er mit einem Mädchen namens Lemaz Grisa verlobt sei. Er bestritt die Verlobung, behauptete aber, Ferron gefragt zu haben, ob es für ihn an der Zeit sei, seine Freundin zu heiraten. Ferron habe ihm so lange nicht antworten wollen, wie Bragart betrunken sei. Es folgte eine weitere Untersuchung bezüglich des Verdachts sexueller Kontakte zwischen le Bragart und Grisa.
All diese Fälle bilden einen relativ typischen Ausschnitt aus der Arbeit des Konsistoriums, typischer als einige spektakuläre Fälle, wie sie von bisherigen Forschern wie zum Beispiel Walter Köhler zitiert wurden. (3) Häufig geht es um sexuelles Fehlverhalten oder mangelnden Respekt gegenüber den Autoritäten. Höhepunkt der Anhörung ist jeweils Calvins Ermahnung der Betroffenen vor dem Konsistorium. In der Regel akzeptieren die Angeklagten die Verweise und werden ohne weitere Konsequenzen entlassen. Und das ist das Ende der Angelegenheit. Nur selten geraten die Betroffenen erneut in Schwierigkeiten und werden nochmals angeklagt. Die Vorladung vor das Konsistorium und die Ermahnung scheinen in der Regel heilsam gewesen zu sein und die Beklagten überzeugt zu haben, ihren Lebenswandel zu ändern. Das spricht für die Effizienz der Sanktion des Verweises. Es erinnert uns an die im 16. Jahrhundert zentrale Rolle der öffentlichen Beschämung zur Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen Disziplin. Calvin entwickelte ein sichtliches Talent bei der Übermittlung solcher Die Tatsache, daß man diese Aufgabe so häufig ihm übertrug, zeugt vom Respekt seiner Kollegen vor seinen diesbezüglichen Fähigkeiten.
Die Ermahnung am Schluß einer Verhandlung bildete häufig den Abschluß des jeweiligen Falles. Es bleibt festzuhalten, daß dem oft noch eine säkulare Strafe folgte, wie im Fall der zwei erwähnten Anklagen wegen außerehelichen Geschlechtsverkehrs. Der Verweis scheint jedoch einen Akt öffentlicher Vergebung mit umfaßt zu haben. Er stand für die formelle Wiedereingliederung des Angeklagten in die christliche Gemeinschaft. Man könnte diesen Akt vergleichen mit der Absolution nach einer katholischen Beichte, und zweifellos erfüllte er eine ähnliche psychologische Funktion.
Die Ermahnung vor der Anhörung
Calvins Verweise standen jedoch nicht immer am Ende einer Anhörung. Manchmal berichten die Register, wie Calvin bereits zu Beginn einer Sitzung einige mahnende Worte äußerte, quasi um die Vorwürfe gegen die Vorgeladenen zusammenzufassen. Lassen Sie mich erneut einige Beispiele vorstellen.
In den frühen Monaten des ersten Jahres der Tätigkeit des Konsistoriums wurde eine Frau namens Janne Pertennaz mehrmals vorgeladen und nach ihren religiösen Überzeugungen befragt. Sie war offensichtlich katholisch geblieben und machte aus ihrer Ablehnung gegen die reformierte Religion keinen Hehl. Ihre zweite Vorladung erfolgte nach ihrer Unterhaltung mit einem deutschen Besucher, bei der sie diesem mitteilte, in Genf wage niemand mehr, zur Jungfrau Maria zu beten. Calvin begann das Gespräch, indem er »Ermahnungen aus dem Wort Gottes« vorbrachte. Was immer diese beinhalteten, sie halfen nichts. Madame Pertennaz stand zu ihren katholischen Überzeugungen und wurde infolgedessen exkommuniziert.
lm folgenden Jahr wurde Nycolas Baud aus Peissy vorgeladen. Man bezichtigte ihn, seinen Besitz schlecht zu verwalten und so viel davon zu verkaufen, daß befürchtet werden mußte, er werde seine Familie nicht mehr ernähren können. Die Anhörung begann mit »einer Ermahnung durch Monsieur Calvin«. Baud erklärte seine Verhaltetisweise und bat Gott und die Regierung um Vergebung. Das Konsistorium entschied, es sei Sache der Regierung, die Angelegenheit weiter zu untersuchen. Baud wurde außerdem aufgefordert, seine Ehefrau künftig besser zu behandeln, die Gottesdienste regelmäßiger zu besuchen, seinen Kindern ein besseres Vorbild zu sein und den Verkauf von Familienbesitz zu beenden. Die Identität der Person, die diesen Verweis aussprach, kennen wir nicht.
In all diesen Fällen erfüllten Calvins Einwürfe offenbar eine gänzlich andere Funktion als die abschließenden Ermahnungen. Sie sollten die Diskussion einleiten, nicht beenden. Sie waren dazu bestimmt, den Vorgeladenen die Art der Anklage deutlich zu machen und zu zeigen, wie ernst das Konsistorium die Anschuldigungen nahm.
Zwei besondere Fälle
Um das Bild zu vervollständigen, lassen Sie uns einige Fälle betrachten, in denen nicht Calvin, sondern jemand anderem die Verantwortung zufiel, einen Tadel auszusprechen.
Eine solche Verhandlung beendete die erste Scheidungsklage von Calvins Bruder Antoine, der seine Frau Anne Le Fert des Ehebruchs beschuldigte. Dieser Fall führte zu einer formellen Untersuchung durch den Kleinen Rat. Man kam zu dem Schluß, daß sich Anne zwar sehr unüberlegt verhalten habe, Beweise für einen Ehebruch jedoch fehlten. Der Rat empfahl, die Angelegenheit mit einer formellen Versöhnungszeremonie vor dem Konsistorium zu beenden. Diese Zeremonie beinhaltete einen Verweis Annes wegen skandalösen Verhaltens und »Heuchelei«. Diesmal jedoch nicht durch Calvin, der in den Fall persönlich verwickelt war; er selbst hatte als erster seine Schwägerin vor dem Konsistorium des Ehebruchs bezichtigt. William Farel, der große alte Mann der Genfer Reformation, der zu der Zeit die reformierte Kirche in Neuchatel leitete, aber gerade auf Besuch in Genf weilte, übernahm diese Aufgabe. Die Anhörung endete damit, daß Anne Le Fert vor ihrem Ehemann auf die Knie fiel und ihn um Gnade um Vergebung bat, um sich danach mit derselben Bitte an ihren Schwager zu wenden. Beide Brüder akzeptierten ihre Entschuldigung und vergaben ihr. Die drei wurden dann in Frieden entlassen mit der abschließenden Aufforderung, nunmehr in Freundschaft (»en bonne dilection«) miteinander zu leben. Es wäre für Calvin unter den gegebenen Umständen selbstverständlich unangemessen gewesen, den Tadel auszusprechen. Übrigens halfen alle mahnenden Worte in diesem Fall nichts. Einige Jahre später stand Anne wieder vor dem Konsistorium unter der erneuten Anklage des Ehebruchs, vorgebracht durch ihren Ehemann und dessen Bruder. Dieses Mal wurde der Klage stattgegeben; die Ehe wurde geschieden und Anne aus der Stadt verbannt.
Ein anderer prominenter Fall, in dem Calvin den Verweis nicht selbst aussprach, war der des Francois Favre, eines älteren Patriziers, dessen Söhne und Schwiegersöhne wichtige Positionen in der städtischen Regierung innehatten. Favre wurde sexueller Beziehungen zu mehreren Dienstmägden beschuldigt. Calvin war auf der für diesen Fall entscheidenden Konsistoriumssitzung am 3. Februar 1547 nicht anwesend. Sein Kollege Abel Poupin wurde gebeten, die übliche Ermahnung auszusprechen. Favre jedoch verkündete, er werde dem Tadel einfach kein Gehör schenken. Er wolle mit keinem der anwesenden Pfarrer etwas zu tun haben und werde eine Zurechtweisung nur durch den Vorsitzenden Syndikus, einen Laien, akzeptieren. Und er werde auch für den Syndikus die gegen ihn vorgebrachte Anklage nicht wiederholen. Er erklärte, die Anklage liege schließlich schriftlich vor, er sehe daher keine Notwendigkeit, sich bloßzustellen, indem er sie mündlich wiederhole. Nach diesen trotzigen Aussagen brach in der Sitzung Chaos aus, mehrere Pfarrer schrien gleichzeitig auf Favre ein. Einer von ihnen, mit ziemlicher Sicherheit Poupin, bemerkte, daß Favre solange nicht als Schaf, sondern allenfalls als Hund der Herde Jesu Christi angesehen werden könne, wie er die Prediger nicht anerkenne, und nannte ihn einen aus der Kirche Ausgestoßenen. (4) Diese Beleidigungen, vor allem die Titulierung als Hund, erbosten Favre und seine Verwandten. Sie reichten eine formelle Beschwerde gegen Poupin vor dem Kleinen Rat ein (5). Als Favres Tochter, Ehefrau des Ami Perrin, wenig später wegen anderer Vorwürfe vor das Konsistorium zitiert wurde, beschimpfte sie die Pfarrer im allgemeinen und Poupin im besonderen, ihren Vater mißhandelt zu haben. Das ganze Durcheinander mündete schließlich in formelle Gerichtsverhandlungen gegen Favre und seine Tochter. Die Angelegenheit endete einige Monate später in einer weiteren Anhörung vor dem Konsistorium. Favre bekannte nun sein Fehlverhalten und bat um Vergebung. Der vorsitzende Syndikus bat Calvin im Namen des ganzen Konsistoriums, Punkt für Punkt die Ermahnung vorzutragen. Calvin bemerkte einleitend, Pfarrer seien durch Unseren Herrn eingesetzt. Teil ihrer Aufgabe sei es, Sein Wort zu verbreiten, und zwar nicht durch Teilnahme an Konsistoriumssitzungen und die Erteilung von Verweisen. Er sprach weiterhin von der Vergebung Gottes für alle, die ihre Sünden bereuen. Er erinnerte Favre, daß er bei seiner Vorladung einen wirklichen Skandal verursacht habe. Favre akzeptierte Calvins tadelnde Worte. Die einzige Erklärung für sein Verhalten sei seine Erregung darüber, wie sein Sohn während einer früheren Sitzung vom Konsistorium behandelt worden sei. Favre meinte, die Dinge wären nie so eskaliert, wenn Calvin bereit früher so verständnisvoll gewesen wäre wie heute. Er gab dann jedem der anwesenden Pfarrer die Hand, und der Fall war damit abgeschlossen.
Dies war nur einer der Fälle, in denen die mächtige Patrizierfamilie der Favres verwickelt war. Sie bereiteten Calvin eine Menge Unannehmlichkeiten. Sie waren verärgert über den wachsenden Einfluß Calvins und seiner Kollegen in der Stadt, eine Gruppe aus Frankreich in die Stadt geholter Pastoren. Sie hatten nichts gegen deren Theologie, fürchteten aber, die Neuankömmlinge würden alle Genfer Gebräuche ausrotten und der Gemeinde den Stempel französischer Kultur aufdrücken. In diesem speziellen Fall jedoch war der Aufruf nicht durch etwas verursacht worden, das Calvin gesagt hatte, sondern durch den Versuch einer Ermahnung durch seinen Kollegen Abel Poupin. Als schließlich Calvin selbst zu Wort kam, hatten sich die Favres alle beruhigt, das Problem konnte gelöst werden. Zu einem erneuten Konflikt kam es nicht zwischen Francois Favre und dem Konsistorium, sein Schwiegersohn Armi Perrin wurde zum Mittelpunkt weiterer Auseinandersetzungen.
Aufgrund dieser Berichte könnte man argumentieren, daß Calvin im Erteilen von Verweisen geschickter war als seine Kollegen. Seine Strafpredigten scheinen, wenn auch oft hart, so doch erfolgreicher gewesen zu sein, wenn es darum ging, bei den Betroffenen Reue zu erwecken. Das mag ein wichtiger Grund gewesen sein, ihn oft zu bitten, diese Aufgabe zu übernehmen, daß am Ende seines Lebens einer seiner Kollegen behaupten konnte, er tue das immer.
Die Aussöhnung im Gottesdienst
Calvin wurde nicht nur häufig die Aufgabe übertragen, den einen Fall abschließenden Verweis auszusprechen. Man bat ihn außerdem, zumindest einigen der Versöhnungszeremonien, die sich dem manchmal anschlossen, vorzustehen. Die Aussöhnung war oft ein Bestandteil der Anhörung vor dem Konsistorium, so auch in zwei Fällen, die wir bereits betrachtet haben. Das wichtigste, wenn auch nur implizit zu erschließende Ziel der Vorladung von Marquet, dem Hutmacher, und seiner Ehefrau war gewesen, den häuslichen Zwist zu beenden und das Ehepaar zu versöhnen. Das explizite Ziel der Anhörung von Antoine Calvin und seiner Frau nach der ersten Ehebruchsanklage war gewesen, eine Ehe zu reparieren und die Eheleute wieder zusammen zu bringen.
Eine solche Aussöhnung konnte jedoch auch stärker formalisiert in einer separaten, auf die Anhörung folgenden Zeremonie stattfinden. Bereits aus den ersten Jahren des Konsistoriums finden sich Beispiele für solche Zeremonien. Das Konsistorium war insbesondere vor den vierteljährlichen Abendmahlsgottesdiensten um die Aussöhnung von Streitenden bemüht. Man war sich einig, daß in einen heftigen Streit verwickelte Personen, mit »Haß in ihren Herzen« auf andere, seien es Familienangehörige, Geschäftspartner oder Nachbarn, nicht am Abendmahl teilnehmen sollten. Tatsächlich befaßte sich unmittelbar vor den Abendmahlsgottesdiensten ein deutlicher Anteil der Konsistoriumssitzungen mit solchen Aussöhnungsversuchen. Nach dem Abendmahlsgottesdienst rückten jeweils die Personen in den Mittelpunkt des konsistorialen Interesses, die auf Grund ihrer Verwicklung in laufende Streitigkeiten vom Abendmahl ausgeschlossen gewesen waren. Man hoffte, einen Versöhnungsprozeß in Gang zu setzen, der es den Betroffenen ermöglichen würde, am nächsten Abendmahl teilzunehmen. Die entsprechende Zeremonie fand jeweils ein bis zwei Tage nach der Anhörung in einer der städtischen Gemeindekirchen statt. Zwei Mitglieder des Konsistoriums, ein Laie und ein Pfarrer, standen ihr vor. Calvin war häufig der Pfarrer, dem diese Aufgabe übertragen wurde.
Ich möchte einmal mehr einige Beispiele vorstellen.
Am 28. August 1543, im Zuge der Vorbereitungen für den nächsten Abendmahlsgottesdienst, wurde die Adlige Barthélemie, Witwe des Claude Richardet und derzeitige Ehefrau des Adligen Jean Achard, wegen »papistischen Aberglaubens« vor das Konsistorium geladen. Sie bestritt die Anschuldigung rundheraus und gab an, niemals irgend jemanden in Papisterei unterrichtet zu haben, ja, sich nicht einmal zu erinnern, mit jemanden darüber gesprochen zu haben. Das Konsistorium fragte sie, ob sie eine Idee habe, wer ihr durch eine solche Anschuldigung eventuell würde Unannehmlichkeiten bereiten wollen. Sie berichtete von einem Mann namens Hippolyte, mit dem sie in eine Auseinandersetzung verwickelt gewesen sei, weil er einen Teil ihres Geldes unterschlagen habe. Sie sei bereit, ihm um der Liebe Gottes willen zu vergeben, wolle ihm in keiner Weise Schaden zufügen und werde die Vergeltung Gott überlassen.
Drei Tage später erschienen die Adlige Barthélemie und Hippolyte Revit zusammen mit dessen Brüdern in der Magdalenenkirche zur Versöhnungszeremonie. Vorsitzende waren Antoine Chicand, der in diesem Jahr für den Vorsitz im Konsistorium zuständige Syndikus, und Johannes Calvin. Barthélemie und Revit wurden gebeten, ihr Problem vorzutragen. Revit beklagte sich, sie habe ihn offen beleidigt. ihn einen Verräter, schlechten Menschen und Schlimmeres genannt. Sie bestritt, ihn je einen Verräter genannt zu haben, gab aber zu, ihn tatsächlich als bösen Menschen beschimpft zu haben. Er sei nämlich verantwortlich für den Verlust einer Geldsumme, die ihr verstorbener Mann einer anderen bedeutenden Persönlichkeit zur Verfügung gestellt habe, deren Diener oder Verwalter Revit offenbar war. Sie schien sich jedoch des tatsächlichen Verlaufs des Geschehens nicht sicher zu sein Lind war daher geneigt, die Anklage fallen zu lassen. Offenbar lag die vermeintliche Veruntreuung einige Zeit zurück. Die beiden wurden gebeten, »einander zu vergeben, um das Heilige Abendmahl unseres Herrn zu empfangen, und in Frieden und Nächstenliebe miteinander zu leben«. Sie stimmten beide bereitwillig zu und versprachen, über die Angelegenheit nicht mehr zu reden. Revin hat um eine schriftliche Kopie dieser Vereinbarung. Vermutlich wollte er sicher gehen, daß sie die Anklage nicht später noch einmal vorbringen werde. Die Adlige Barthélemie erklärte sich bereit, Revit als einen »homme de bien«, einen Mann von Besitz und guten gesellschaftlichen Ruf, zu akzeptieren und ihn nicht mehr zu beleidigen.
Im Rahmen derselben Zeremonie arrangierten Chicand und Calvin die Versöhnung zweier Schwestern, Claudaz und Jana Dentant, beide inzwischen verheiratet. Claudaz hatte Jana heftig kritisiert wegen des Preises, den sie für Getreide und einige andere Dinge bezahlt hatte. Die beiden vertrugen sich wieder. Infolge von Verweisen und Ermahnungen einigten sie sich, alle harten Wort und Vorwürfe zu begraben.
Kurz vor dem nächsten Abendmahlsgottesdienst, Ende Oktober 1543, arrangierte das Konsistorium eine weitere Versöhnungszeremonie, erneut in der Magdalenenkirche. Sie wurde nach dem täglichen Gottesdienst anberaumt, und zwar wieder unter dem Vorsitz von Chicand und Calvin. Die Mitglieder des Konsistoriums waren offenbar so erfreut über den Erfolg der früheren Zeremonien, daß sie das Gleiche noch einmal versuchen wollten. Dieses Mal kamen die Betroffenen aus einer noch höheren gesellschaftlichen Schicht: Pierre Tissot, zu der Zeit Schatzmeister der Republik, der einige der wichtigsten Positionen innerhalb der städtischen Regierung inne gehabt hatte und auch in Zukunft bekleiden würde, seine Mutter Francoyse, seine Ehefrau, Loyse Favre (eine Tochter jenes Francois Favre, der in späteren Jahren auf eine Art und Weise berüchtigt werden sollte, die wir bereits betrachtet haben); und sein Bruder Jean. Der Fall war dem Konsistorium einen Tag vor der Versöhnungszeremonie bekannt geworden, als Tissots Mutter Francoyse aus nicht genannten Gründen vorgeladen wurde. Sie glaubte, wegen ihrer religiösen Überzeugungen befragt zu werden, und versicherte den Mitgliedern des Konsistoriums, jeden Morgen zur Predigt zu gehen. Sie fügte dann hinzu, ihr berühmter Sohn versäume diese Pflicht. Sie erklärte außerdem, ihr Sohn habe seit Monaten kein Wort mit ihr gewechselt, und sie komme mit seiner Ehefrau nicht gut aus. Sie warf dem Ehepaar vor, die eigenen Kinder schlecht zu behandeln und sie selbst zu ignorieren.
Diesmal blieb die Versöhnungszeremonie wirkungslos, aus dem einfachen Grund, daß Francoyse als einziges Mitglied der Familie Tissot in der Magdalenenkirche erschien. Chicand und Calvin veranlaßten sofort die offizielle Vorladung von Pierre Tissot, seiner Frau Loyse und seinem Bruder Jean zur nächsten Konsistoriumssitzung, damit sie ihr Verhalten dort erklärten. Pierre Tissot und seine Frau erschienen auch pflichtgemäß, und der Fall wurde relativ ausführlich diskutiert; Jean erschien zu einer späteren Sitzung. Zunächst bracht Francoyse erneut ihre Vorwürfe vor, ihr berühmter Sohn mißhandele und ignoriere sie, unterstütze sie nicht in angemessener
Weise, schicke ihr nur schlechten Wein, kümmere sich nicht darum, wenn sie krank werde, und so weiter. Pierre und Loyse widersprachen höflich, aber bestimmt, und versprachen, künftig alles zu tun, um ihr zu helfen. Es scheint, als sei Francoyse nicht nur streitsüchtig, sondern auch vergeßlich gewesen; offensichtlich hatte sie keine klare Vorstellung mehr von dem, was um sie herum vorging. Das Konsistorium erreichte schließlich in dieser Sitzung eine Aussöhnung. Allerdings erhalten wir keine klare Vorstellung über die Rolle Calvins beim Zustandekommen der abschließenden Übereinkunft.
Ich hoffe, diese ausgewählten Beispiele haben einen Eindruck vermittelt von der Rolle Calvins im Konsistoriums, bei der Erteilung von Verweisen und bei der Vermittlung von Versöhnungen. Sie zeigen ihn als einen Pfarrer, der ständig bemüht war, die Beziehungen seiner Gemeindemitglieder sowohl zu ihren Verwandten und Nachbarn als auch zur gesamten christlichen Gemeinde wieder ins Reine zu bringen. Ich hoffe, daß die weitere Arbeit an den Registern des Konsistoriums noch weitere Details zu diesem Wichtigen, aber lange vernachlässigten Aspekt von Calvins Werdegang ans Licht bringen wird.
(1) Francois Bonivard, De 1'ancienne et nouvelle police des Geneve et sources D'icelle, Genf 1847, S. 199f.
(2) Nicolas Colladon, Vie de Calvin, in: Calvini Opera, Bd. 21. col. 66.
(3) Walter Köhler, Zürcher Ehegericht und Genfer Konsistorium (=Quellen und Abhandlungen zur Schweizerichen Reformationsgeschichte, Bd. 10), Bd. 2, Leipzig 1942, Kap. 14: »Johann Calvin und Genf«, S. 505-652. Köhler hat für seine detaillierte Untersuchung nicht die Originalregister des Konsistoriums benutzt, sondern eine von Frédéric-Auguste Cramer 1853 zusammengestellte Sammlung von Auszügen.
(4) Calvini Opera, Bd. 21, col. 395f.
(5) Calvini Opera, Bd. 21, col. 399f.
Robert M. Kingdon,
Hilldale Professor of History, Emeritus, at the University of Wisconsin-Madison, former Director and current Member of the Institute for Research in the Humanities, and former editor of the Sixteenth Century Journal. A world authority on the religious, political, and legal history of Calvinist Geneva and France.
Dr. Achim Detmers / Barbara Schenck
Hat Calvin die Menschen in Genf mit strengen moralischen Vorschriften tyrannisiert?
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