Aktuelles
Aus den Landeskirchen >>>
Aus den Gemeinden >>>
Aus dem Reformierten Bund >>>
Kolumne >>>
from... - die reformierte App
Newsletter
Wir auf Facebook
Zur Trinitatis: Fragment einer Predigt zur Drei-Einigkeit von Vater, Sohn und Heiliger Geist
von Manuel Goldmann
'Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus
und die Liebe Gottes,
und die Gemeinschaft des Hl. Geistes sei mit uns allen'
Um diese drei geht es, ganz besonders am Trinitatisfest: um Jesus Christus und die Gnade, die in seinem Leben für uns aufleuchtet, um Gott und die Liebe, in der er diese Welt ins Leben ruft und (er)trägt, und um den Heiligen Geist und die Gemeinschaft, die er schafft - über die Grenzen von Völkern, Rassen und Klassen hinweg. Darum noch einmal und ganz bewusst: Die Gnade unseres Herrn...
Es ist ein schwerer Artikel, diese christliche Lehre von der Drei-Einigkeit, der „Trinität“, von dem Gott, der ein einziger ist, und von dem wir doch nur in dreierlei Weise reden: als Vater, Sohn und Hl. Geist. Ist es verwunderlich, dass besonders Juden und Muslime immer wieder den Kopf schütteln und sagen: was macht ihr Christen bloß aus dem Glauben der Bibel an den einen Gott? Wo habt ihr diese Dreiheit her? Verehrt ihr nicht im Grunde doch drei Götter?
[…]
Warum sprechen wir Christen nicht einfach von „Gott“? Warum muss es der „dreieinige“ Gott sein? Warum ständig diese Erinnerungen in unserer Liturgie - „Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist...“?
Weil die frühe Kirche, als sie begann, sich in der Welt auszubreiten, eine ziemlich verwirrende Entdeckung machen musste. Für die Jünger Jesu nämlich war das Wort, der Name „Gott“ völlig verständlich und eindeutig gewesen. Wenn Menschen, die zum Volk Israel gehörten, von Gott sprachen, wussten sie: wir reden von dem Einen, der die Welt geschaffen hat und uns aus der ägyptischen Sklaverei befreit hat, der uns seine Wegweisung für ein Leben in der Freiheit gibt, und der eines Tages seine ganze Schöpfung zum Frieden führen wird. Vor allem aber wussten die Menschen im Gottesvolk: Gott hat für uns einen Namen, er ist ganz nah, in den Ereignissen unseres Lebens spricht er uns an und will, das wir ihm antworten. Wir dürfen - in der Freude und im Leiden - zu diesem Gott DU sagen! - Das ist jetzt sehr knapp zusammengefasst, aber auf jeden Fall klang diese Erfahrung mit, wenn von „Gott“ die Rede war.
Und dann, als die Jünger hinausgingen in die Welt, kam plötzlich die bestürzende Entdeckung: die Menschen draußen, außerhalb Israels, reden auch von „Gott“ und Göttern, aber sie stellen sich darunter ganz andere, primitive oder abstrakte Sachen vor; „Gott“, das ist für manche der römische Kaiser! Für andere nicht mehr als das Schicksal, für wieder andere so eine Art erster Beweger, der die Weltgeschichte irgendwann mal in Gang gesetzt hat. Zu dem kann man gar nicht Du sagen, der kümmert sich gar nicht weiter um uns. Der ist viel zu weit weg, viel zu unbewegt und unerreichbar. - Und die Frage drängte: wie machen wir diesen Menschen klar, dass der Gott, von dem wir reden, anders ist? dass er einen Namen für uns hat, unsichtbar und doch ganz nah? -- Und schließlich spürten die Jünger: es bleibt gar nichts anderes übrig als dass wir zusammen mit „Gott“ immer auch gleich von Jesus sprechen. Denn in ihm ist der große, unbegreifliche Gott uns so nahe gekommen wie nirgends sonst, in den Geschichten von Jesus leuchtet es auch für Fremde auf, wer dieser G“tt, dieser Vater im Himmel ist, von dem er redet. Darum: der Gott, den wir meinen, ist der Gott, der sich uns in Jesus gezeigt hat. Die beiden gehören zusammen. Wir müssen sie in einem Atemzug nennen, sonst stellen sich die Menschen unter „Gott“ sonstwas vor.
So weit so gut. Aber dann stellte sich heraus, dass auch der Hinweis auf Jesus noch nicht genügte. Denn es gab manche, die hörten sich die Geschichten von ihm an und fragten dann achselzuckend: na und? Was geht uns dieser jüdische Zimmermann da aus dem Provinznest Nazareth an? Warum kommt ihr, so wurden die Jünger gefragt - warum kommt ihr mit dieser Botschaft zu uns? Wir gehören zu einem anderen Volk, uns geht dieser Gott der Juden nichts an, wir sind selber wer! Lasst uns in Ruhe!
Und wieder war für die Apostel die Frage: wie machen wir diesen Menschen klar, dass die Botschaft auch ihnen gilt? - Und sie dachten an die Erfahrung von Pfingsten: wie plötzlich eine riesige Pilgermenge, Menschen aus den verschiedensten Ländern, in Jerusalem von Gottes Geist erfasst worden war und sich plötzlich verstanden hatten, vereint in der begeisterten Freude an Gott und den großen Taten, die er durch Jesus getan hatte. Da war doch aufgeleuchtet, dass dieser Gott nicht nur für ein Volk da war, dass seine Liebe über Sprachen und Kulturen hinweg auch den Fremden, den Menschen aus anderen Völkern gilt!
- Darum sagten die Jünger nun: auch das gehört zu diesem Gott dazu, dass er über die Grenzen seines zuerst erwählten Volkes hinaus Menschen ergreift und beruft, um auch ihr Gott zu werden. Darum: Ohne den Geist von Pfingsten könnten wir gar nicht verstehen, warum diese Geschichte mit Jesus uns, auch uns hier in Deutschland, etwas angehen soll. Sie geht uns aber etwas an! Gottes guter Geist sorgt dafür, dass auch Menschen, die ursprünglich gar nicht zum Gottesvolk gehören, angesteckt werden von der guten Botschaft, dass sie danach zu leben beginnen. Gott überlässt seine Welt nicht sich selber, er will sie zum Frieden führen; sein Geist kann Menschen anrühren und verändern. Mit diesem Gott also haben wir’s zu tun: Dem Schöpfer, der nicht nur irgendwo unerreichbar über den Wolken thront, sondern der uns so nahe ist, wie es an Jesus deutlich wird, und der nicht nur ein kleines Häufchen Auserwählter will, sondern durch seinen Geist die ganze Welt verwandelt.
Das heißt: die schwere Lehre vom dreieinigen Gott ist eigentlich gar nicht schwer! Sie ist auch gar keine Lehre! Sondern sie erinnert an eine lange, lange Geschichte, und liefert für diese Geschichte drei Merkworte: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Man muss nur wissen, dass es Merkworte sind, dass dahinter eine Geschichte steckt, oder vielmehr: viele Geschichten. Ohne diese Geschichten, so sagen wir Christen, wäre Gott nicht der, der er ist. Und darum erinnern wir uns, wenn wir von ihm reden, im Stenogrammstil immer wieder an diese Geschichte und sagen: Vater - Sohn - Heiliger Geist. Nicht, als wären es drei Götter - behüte und bewahre! Nein, es ist der Eine, der, von dem die Bibel spricht.
Nur, damit es nicht zu Missverständnissen kommt, damit sich nicht jeder unter dem Wort „Gott“ vorstellt, was er gerade will, fügen wir hinzu: der Gott, der in Jesus für uns ein Gesicht, einen Namen bekommen hat, zu dem wir „Du“ sagen können, und „Unser Vater“, und der noch nicht fertig ist mit uns und seiner Welt, sondern durch seinen Geist immer neu Menschen wie dich und mich ergreift - auch da, wo es keiner mehr vermutet. Darum also beginnen wir jeden Gottesdienst ausdrücklich „im Namen des einen Gottes: des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Diese Formel ist eigentlich nicht mehr der Titel auf einem Buch, ein Inhaltsverzeichnis, sozusagen. Man muss schon aufschlagen und nachlesen, oder sich erzählen lassen, um zu merken, welche Geschichte dieser dreifache Name Gottes erzählt, wie in seiner Geschichte die Geschichte unserer ganzen Welt schon irgendwie mit aufgehoben ist. Im Grunde ist jede Predigt und aller Unterricht so ein Aufschlagen dieses Buches, um dieser Geschichte, die im Namen Gottes zusammengefasst ist, auf die Spur zu kommen. […]’
Pfr. Dr. Manuel Goldmann, Kirchhain 2009
Zum Predigen an den Trinitatis-Sonntagen ein Blick auf die "heidnische Furcht", die nach Hilfskonstruktionen verlangt, weil sie es nicht fassen kann, dass "Gott ohne Vorbehalt unser Vater sein will". Ein Plädoyer für eine erzählende Trinitätstheologie.