Im Alter von 96 Jahren ist vor einigen Tagen Joachim Guhrt gestorben, der von 1973 bis 1990 Generalsekretär des Reformierten Bundes war.
Joachim Guhrt hat den Reformierten Bund mehr geprägt, als es vielen Mitgliedern des Bundes schon damals bewusst war. Was auch an ihm lag, an seiner Art: Joachim Guhrt war wenig bis gar nicht daran interessiert, wie denn etwas nach außen wirkte. Alle Beschreibungen, die ich für seine Art, die Dinge des Bundes zu gestalten und zu erledigen, finden kann, lassen sie vielleicht altmodisch, ja altbacken erscheinen. Er arbeitete eben: zuverlässig, fleißig, bescheiden; vor allem fällt mir aber ein: treu. Treu seinem Auftrag gegenüber, den er immer auch als theologischen Auftrag verstand, als Auftrag dem Herrn der Kirche gegenüber.
Aber Guhrt selbst war nicht altbacken, mag es auch manchmal so ausgesehen haben. Es waren ihm das Weltmännische, oft sicher auch das Elegante einfach fremd. Ihm lag das Wohl der Gemeinden am Herzen, was nicht nur an der altreformierten Tradition lag, aus der er kam und in der er lebte. So hat er die Mitgliedsgemeinden des Bundes – ja, da ist es wieder – treu besucht. Und da konnte er sehr klar aus der Arbeit des Bundes berichten, von dem, was an Reformiertem anstand und was später das Profil des Reformiertentums genannt wurde. Das ist schon zu seiner Zeit unterschätzt worden, was er da tat und wie er das tat. Und manchmal ist Joachim Guhrt selbst wohl unterschätzt worden.
Dabei fielen in seine Zeit wichtige Entscheidungen für den Reformierten Bund. Über eine neue Ordnung gelang es, die Mitgliedslandeskirchen verantwortlich in die Arbeit des Moderamens und damit des Bundes einzubeziehen. Zusammen mit dem damaligen Schatzmeister, Martin Weyerstall, und mit Hilfe der Evangelischen Kirche im Rheinland organisierte er finanzielle Hilfen für die reformierten Ungarn in Siebenbürgen. 1977 hatte ein gewaltiges Erdbeben viele Kirchen beschädigt, zum Teil zerstört. Und die finanzschwachen Gemeinden waren in der Zeit der totalitären Ceaușescu-Herrschaft auf Hilfe von Außen angewiesen.
Und in seiner Zeit begannen die neuen, anderen Kontakte zu den Kirchen in Südafrika: Die farbigen und schwarzen Kirchen kamen in den Blick. Ihre Wahrnehmung und Unterstützung im Kampf gegen die Apartheid hat der Reformierte Bund damals begonnen. Und es war sein Generalsekretär, der, zeitweise auch im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland, die Kontakte nach Südafrika und in Südafrika gepflegt hat.
Arbeiten tat Joachim Guhrt, wenn er zu Hause war, vom Büro im Dachboden seines Hauses in Bad Bentheim aus. Da war damals die Geschäftsstelle des Bundes untergebracht, in der Klapperstiege. Die im übrigen nicht zu denken war ohne seine Mitarbeiterin, Frau Verwold. Und sicher ist das ein seine Zeit beim Bund charakterisierendes Bild: das bescheidene Büro im Dachboden des Einfamilienhauses in Bentheim, von dem aus der Generalsekretär treu seinen Dienst getan hat, wie man damals zu sagen pflegte - und wie ich es auch genau so meine.
Als Joachim Guhrt mich einmal anlässlich eines Emeriti-Treffens des Reformierten Bundes in Hannover besuchte, da nahm er mich irgendwann beiseite. Und mit einer Mischung aus Erstaunen und auch ein wenig Neid sagte er: „Bruder Schmidt, Sie haben ja ganz andere Möglichkeiten als ich.“ Ja, das stimmte. Unter den Moderatoren Hans Helmut Eßer und Hans-Joachim Kraus hatte er diese Möglichkeiten nicht. Und auch klang das Bedauern durch, so nicht arbeiten gekonnt zu haben.
Andere Möglichkeiten hat er dann in seinem Ruhestand gehabt und gelebt: Er segelte. Und er malte.
Über die Todesanzeige hat die Familie den Satz aus Römer 8,28 gesetzt: Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.