Der Splitter und das Bild

Das Bilderverbot aus neuer Perspektive

Ohne Titel - Fotografie © Andreas Olbrich

Das Bilderverbot ernst zu nehmen, ist ein besonderes Gebot für Theologinnen und Theologen, die um eine geschlechtergerechte Sprache ringen.

Immer wieder scheint das sogenannte “Bilderverbot” einem fruchtbaren Gespräch zwischen feministischer und “klassischer” Theologie im Wege zu stehen. In den gegenwärtigen theologischen Debatten steht der Begriff “Bilderverbot” als Chiffre für den Graben, der jegliche menschliche Rede von Gott und Gott an sich trennt. Indem Gott letztendlich doch immer “der ganz Andere” ist, entzieht Gott sich all unseren Entwürfen und Konzepten, unseren Metaphern und Modellen.

Diese Überzeugung impliziert allerdings nicht, dass jegliches Reden von Gott unmöglich sei, obwohl beispielsweise die sogenannte “negative Theologie” genau diese Annahme als theoretische Prämisse benutzt. Der theologische Mainstream allerdings hat sich Karl Barths Diktum zu Herzen genommen: “Wir sollen als Theologen von Gott reden. Wir sind aber Menschen und können als solche nicht von Gott reden. Wir sollen Beides, unser Sollen und unser Nicht-Können, wissen und eben damit Gott die Ehre geben”.

Allerdings wird die Theologie auf dieser Grundlage auch immer mit der anderen Seite des Bilderverbots konfrontiert; denn wir können den Abstand zwischen Gott und unseren sprachlichen Möglichkeiten nicht nur zu gering veranschlagen, sondern auch zu groß. Wir schaffen uns dann unsere eigenen Bilder von Gott, ohne uns groß darum zu kümmern, wer dieser Gott eigentlich sein will. Nach beiden Richtungen hin scheint das Bilderverbot eine besondere Rolle in der Auseinandersetzung zwischen feministischer und “klassischer” Theologie zu spielen: Beide Seiten behaupten, dass die jeweils andere Seite das Bilderverbot missachte.

In Bezug auf die feministische Theologie kann sogar gesagt werden, daß sie ihre Entstehung dem Vorwurf verdankt, die klassische Theologie missachte das Bilderverbot. Parallel zu einem wachsenden feministischen Bewusstsein in den 1950-1960er Jahren wurde die Macht der Sprache entdeckt: “Wer die Welt benennt, besitzt sie,” wurde feministischer Konsens. Auf die Theologie angewandt, bedeutete dies, dass auch die Sprache der theologischen Tradition als Machtinstrument benannt wurde und “im Namen Gottes” gesprochene Worte als bloße Worte “mächtiger Männer” entlarvt wurden. Die Reaktion feministischer TheologInnen war ein Bildersturm, der sich auf genau diese Sprache richtete – und so die eine Hälfte des Bilderverbots konsequent umsetzte


Kune Biezeveld