Frau Schulz, Beamtin in einer Ausländerbehörde, muss, an ihren Stuhl gefesselt, sich anhören, was Karim Mensy, dessen Antrag auf Asyl abgelehnt wurde, zu sagen hat.
„Ohrfeige“ heißt das neue Buch von Abbas Khider. Der Titel des Romans führt schnell zur Bibel, wo „die Ideengeschichte der Ohrfeige“ beginnt* – vielleicht eher ihre Niederschrift (?) – und sie sofort wieder in ihre Schranken verwiesen wird mit dem Hinhalten der Wange bei Jesaja und in der Bergpredigt.
„Wenn dich einer auf die rechte Backe schlägt, dann halte ihm auch die andere hin.“ – Wer dies lehrt, weiß, wovon er spricht. Der Messias selbst ist der Geohrfeigte. Während des Verhörs vor dem Hohen Rat schlug ein Gerichtsdiener Jesus ins Gesicht (Joh 18,22).
Gefesselt wie sie ist, wird Frau Schulz gezwungen, auch die andere Wange hinzuhalten, zumindest kann sie selbst nicht zurückschlagen. Ihre Schwäche auszunutzen, beschämt den Täter, würde ihn beschämen, rauschte nicht das Haschisch durch seinen voll gekifften Kopf. Selbst die Ohrfeige als „kleine Gewalt“, als symbolische Geste, sich gegen die Bürokratie zu wehren und Gehör zu verschaffen, bleibt für Karim Mensy Fantasie-Wunsch-Traum.
*So zumindest Winfried Speitkamp, Ohrfeige, Duell und Ehrenmord. Eine Geschichte der Ehre, Stuttgart 2010, 34.
Literatur
Abbas Khider, Ohrfeige, Hanser Verlag, München 2016
Barbara Schenck, 4. März 2016
(Stand 3. März 2016)