'Die wirklichen Ursachen von Krieg und Flucht heißen: Armut, Klimawandel, Ungerechtigkeit'

Kirchliche Friedensbeauftragte fordern Trendwende zu einer zivilen Friedenspolitik

Die Friedensbeauftragten von acht evangelischen Landeskirchen sprachen sich in einem Schreiben an Bundestagsabgeordnete für zivile Konfliktlösung aus.

In dem Schreiben wandten sich die Friedensbeauftragten an die Bundestagsabgeordneten, die in der vergangenen Legislaturperiode Mitglied im Haushalts- oder Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages waren, gewandt und sie darin aufgefordert, in der kommenden Legislaturperiode und bei den Koalitionsverhandlungen für die neue Bundesregierung die Forderung der NATO nach einer Erhöhung des Verteidigungshaushaltes um zwei Prozent des deutschen Bruttoinlandsproduktes abzulehnen und stattdessen zivilen Strategien der Prävention und Konfliktbearbeitung den Vorrang zu geben.

In dem Schreiben wird darauf hingewiesen, dass mit einer solchen Erhöhung des Verteidigungshaushaltes um 24 Milliarden Euro auf dann rund 60 Milliarden Euro eindeutige Fakten gesetzt würden, wie Deutschland seine Sicherheitspolitik aufstellen wolle. „Diese Mittel werden fehlen, um die wirklichen Ursachen von Krieg und Flucht zu beseitigen: Armut, Klimawandel, Ungerechtigkeit“, heißt es weiter in dem Schreiben. Die Gelder würden zudem fehlen, um den inneren Frieden zu erhalten, und die seit Jahrzehnten bestehende Selbstverpflichtung Deutschlands, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Entwicklungszusammenarbeit einzusetzen, sei bis heute nicht erfüllt, kritisieren die kirchlichen Friedensbeauftragten.

Die Vertreterinnen und Vertreter aus den evangelischen Landeskirchen verweisen dabei in ihrem Schreiben auf die vielfältigen Möglichkeiten ziviler Konfliktbearbeitung, wie sie beispielsweise der Aktionsplan „Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung“ von 2004 aufzeige und die auch inhaltlich gut aufgestellt und vielfältig weiter entwickelt seien. Diese blieben aber weiterhin völlig unterversorgt und daran würden auch die guten Worte der Bundesregierung hinsichtlich der im vergangenen Jahr vorgestellten neuen Leitlinien „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ nichts ändern.

Nach Ansicht der kirchlichen Friedensbeauftragten sei diese Form der militärischen Aufrüstung nicht nur mit der evangelischen Friedensethik, die den Vorrang von Zivil vor Militär postuliere, unvereinbar, sondern auch mit dem aktuellen Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr sowie dem in den Leitlinien formulierten Vorrang für Prävention und nichtmilitärisches Handeln. Deshalb fordern die Friedensbeauftragten die Abgeordneten auf, von den Plänen einer solchen „militärischen Trendwende“ Abstand zu nehmen. „Es ist den zivilen, friedenspolitischen Möglichkeiten die Priorität zu geben. Diese müsse mit Milliarden Euro ausgestattet werden, um eine Trendwende hin zu einer zivilen Friedenspolitik zu erreichen: Einen Paradigmenwechsel hin zu nichtmilitärischen Strategien der Prävention und Konfliktbearbeitung“, heißt es in dem Schreiben. Dazu gehöre auch ein neues Rüstungsexportkontrollgesetz, das eine tatsächlich restriktive Genehmigungspraxis sicherstelle und die Begründungspflicht von den Kritikern hin zu den Befürwortern von Rüstungsexporten verlagere.

Das Schreiben wurde von den Friedensbeauftragten und Referenten für Friedensarbeit der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers, Lutz Krügener, der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Eva Hadem, der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (Arbeitsstelle Kokon), Claudia Kuchenbauer, der Evangelischen Kirche der Pfalz, Detlev Besier, der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, Michael Zimmermann, der Evangelischen Kirche von Westfalen, Wolfgang Overkamp sowie der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Wolfgang Buff und Sabine Müller-Langsdorf, unterschrieben und versandt. Die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) hatte die Initiative von Lutz Krügener aufgegriffen und die Beteiligung der anderen Landeskirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angeregt.


EAK