Die Wünsche, die das Lied an Jesus richtet, sprechen mir beim ersten Hören aus dem Herzen. Aber dann stellen sich mir doch 4 Fragen:
1. Dürfen wir das alles wirklich allein Jesus überlassen? Wie verhält sich sein Tun zu unserer Verantwortung? Was ist unsere Aufgabe im Blick auf Menschen, die sich in schädliche Gedanken und Verhaltensweisen verirren? Was setzen wir falschen Versprechungen entgegen, die Menschen verblenden und blind machen gegenüber der Wirklichkeit (Str. 2)? Haben wir nichts, womit wir den Schmerz „verwundeter Gewissen“ (Str. 3) nicht wenigstens lindern können?
2. Stimmt das Gegenüber, das dieses Lied konstruiert: Hier „wir,“ die Jesus schon kennen und damit scheint`s auf der sicheren Seite sind, und dort die, die „sich von uns (!) getrennt“ haben (Str. 5) und damit ihre Seligkeit riskieren (Str. 1)? Brauchen wir selbst denn nicht auch, worum Jesus hier im Blick auf die anderen gebeten wird? Noch grundsätzlicher: wie können wir vermeiden, dass unsere Fürbitten selbstgerecht wirken, als wüssten wir immer schon, was richtig ist?
3. Natürlich wünschen wir uns wahrscheinlich alle, dass Menschen (zurück) in unsere Gemeinde finden (Str. 5) Aber angenommen, sie kämen an einem normalen Sonntag: würden sie sich überhaupt wahrgenommen und willkommen fühlen? Oder sind die „Stammplätze“ alle schon besetzt?
4. Schließlich: Die Königsherrschaft Christi begründet keinen Absolutheitsanspruch der christlichen Kirche! Leuchtet das „wahre Licht“ Christi nicht auch außerhalb unserer Kirche? Und was bedeutet das für unser Verhältnis zu den anderen Religionen?
EG 72 gespielt auf Orgel und mit der Trompete auf youtube
Sylvia Bukowski, Januar 2014