Johannes Oekolampad

(1482-1531)

Johannes Oekolampad (1482-1531), Portrait von Hans Asper (1499-1571) © Wikicommons

Er verhalf der Kirche zu einer friedlichen Neugestaltung, Bucer und Calvin lobten ihn als großen Theologen: Bis heute bleibt Oekolampads Kirchenordnung für den reformierten Protestantismus prägend.

Johannes Oekolampad (auch Husschyn, Hussgen, Heussgen, Huszgen, Hausschein), der Reformator Basels, wurde 1482 Weinsberg geboren und starb am 24.11. 1531 in Basel. Als Sohn eines angesehenen Weinsberger Bürgers und dessen aus einem Basler Ratsgeschlecht (Pfister) stammenden Frau, besucht er zunächst in Weinsberg den Elementarunterricht und später die Lateinschule in Heilbronn. 1499 immatrikuliert sich Oekolampad an der Artistenfakultät in Heidelberg, wo er in Kontakt kommt mit dem frühhumanistischen Gedankengut Jakob Wimphelings

Nach erworbenem Magistergrad zieht er nach Bologna, um nach dem Wunsch des Vaters Jurisprudenz zu studieren. Er kehrt jedoch bald nach Heidelberg zurück und wendet sich der Theologie zu. Zwischen 1506 und 1508 wirkt Oekolampad als Erzieher der kurpfälzischen Prinzen in Mainz, schließt danach sein Studium ab und wird 1510 zum Priester geweiht. Er versieht die für ihn geschaffene Prädikatur in Weinsberg.

Von 1513 bis 1515 verschafft sich Oekolampad Kenntnisse des Hebräischen und Griechischen durch verschiedene Studienaufenthalte in Tübingen, Stuttgart und Heidelberg. Dabei lernt er Johannes Reuchlin, Philipp Melanchthon und Wolfgang Fabricius Capito kennen und wendet sich dem Humanismus zu. 1515 folgt er Capito, der in Basel als Münsterprediger wirkt und arbeitete als Gehilfe des Buchdruckers Johannes Froben mit an der Drucklegung des Neuen Testamentes des Erasmus von Rotterdam. Durch den Kontakt zu Erasmus werden seine Kenntnisse der alten Sprachen und der Theologie wesentlich gefestigt.

Nachdem Oekolampad an der Universität Basel auch sein Theologiestudium formell abgeschlossen hat, kehrt er 1516 in seine Heimatstadt zurück. Neben der Tätigkeit als Prediger vertieft er sich in das Studium des Alten Testamentes und schließt Freundschaft mit Conrad Pellikan und Willibald Pirckheimer. Im Frühjahr 1518 wird er durch Capito als Pönitentiar ans Basler Münster berufen, doch bald darauf zum Domprädikanten in Augsburg bestimmt. Vorher promoviert Johannes Oekolampad zum Doktor der Theologie und veröffentlicht Übersetzungen patristischer Schriften und eine griechische Grammatik.

In Augsburg finden kurz vor seiner Ankunft die Disputation zwischen Cajetan und Luther statt und so kann er sich, obwohl eigentlich der erasmischen Tradition verpflichtet, diesen Auseinandersetzungen nicht ganz entziehen. Von Luthers Schriften angezogen kommt es zu einer Auseinandersetzung mit Johannes Eck (Canonici indocti Lutheri) und 1520 beschließt Oekolampad, Augsburg zu verlassen und als Mönch im Brigittenkloster Altomünster sich Klärung zu verschaffen. Dort vollendet er weitere Übersetzungen von Väterschriften und beginnt sich mit der Lehre der Rechtfertigung durch den Glauben zu identifizieren. Seinen Standpunkt veröffentlicht er 1521 in den Schriften „Iudicium“ und „Paradoxon“. Da er sich den Erneuerungen anschließt, muss er das Kloster verlassen und kommt über Mainz, Heidelberg auf die Ebernburg Sickingens, um sich schließlich 1522 endgültig in Basel niederzulassen.

Als Korrektor des Buchdruckers Andreas Cratander setzt Johannes Oekolampad die begonnenen Übersetzungen patristischer Schriften fort. Obwohl die Auseinandersetzung mit der reformatorischen Bewegung in Basel schon im Gange ist, schaltet sich Oekolampad erst nach Ostern 1523 ein. Er tut dies mit öffentlichen Vorlesungen über die biblischen Propheten. Wenig später wird er zusammen mit Pellican offiziell zum Professor ernannt, gegen den Willen der Universität und des Fürstbischofs.

Zunehmende Einflussmöglichkeiten und wachsender Zulauf ergeben sich durch die vorerst provisorische, ab 1525 definitive Anstellung als Leutpriester zu St. Martin. In harten Auseinandersetzungen - auch mit den Täufern - festigt sich Oekolampads Stellung zusehends, aber er verliert etliche Freunde, so auch Erasmus. Durch das vermehrte öffentliche Auftreten gewinnt er neue Beziehungen und Freunde unter den Reformatoren, so Ulrich Zwingli, Martin Bucer und Martin Luther. Mit letzterem kommt es jedoch ab circa 1525 zur Auseinandersetzung wegen der Abendmahlsfrage, wo Oekolampad die symbolische Auffassung vertritt und dies in verschiedenen Schriften darstellt (Genuina expositio, Antisyngramma).

Obwohl Johannes Oekolampads Ruf recht gut ist, erreicht er in Basel nie eine ähnlich bedeutende Stellung wie etwa Zwingli in Zürich. Daher dauert es recht lange, bis der Rat von Basel auf Druck der Bevölkerung nach zögernder Säkularisierung einiger Klöster (1525) und einer bedingten Glaubensfreiheit (1528) zu Beginn des Jahres 1529 den katholischen Gottesdienst abschafft. Oekolampad begrüßt zwar den Sieg der Reformation, aber er ist enttäuscht darüber, dass es trotz seines großen Einsatzes als Prediger zu Aufruhr und zu Bilderstürmen gekommen ist.

1528 heiratet Oekolampad Wibrandis Rosenblatt, mit der er drei Kinder hat. Nach dem Tod Oekolampads (1531) ehelicht sie dessen Freund Capito, nach dessen Tod (1541) Martin Bucer und stirbt schließlich 1564 als Witwe von drei Reformatoren.

Nach der erfolgten Erneuerung versucht Oekolampad durch seinen Einsatz wenigstens eine friedliche und gerechte Neugestaltung der Kirche zu erreichen, was ihm durch die Mitarbeit an der Reformationsordnung gelingt. Sie enthält neben theologischen Bestimmungen und Sittengesetzen auch Bestimmungen über die Wiedereröffnung der durch den Auszug der Professoren geschlossenen Universität. Ein von Oekolampad inspirierter und getragener Lehrbetrieb wird im Münster aufrechterhalten, doch die eigentliche Universität wird erst ein Jahr nach Oekolampads Tod 1532, wiedereröffnet.

Da Oekolampad die Kirchenzucht ein großes Anliegen ist, sorgt er sich auch um eine gerechte Durchführung. Dazu schlägt er vor, die Banngewalt nicht nur dem Prädikanten zuzuteilen, sondern Laienpresbyter daran zu beteiligen. Obwohl diese Idee in Basel nicht durchdringt, wird sie von Bucer in Straßburg und vor allem von Johannes Calvin in Genf in ihre Kirchenorganisationen aufgenommen.

Steht Oekolampad an der ersten eidgenössischen Disputation in Baden (1526) noch an der Spitze der evangelischen Partei, so tritt er an der zwei Jahre später in Bern durchgeführten Disputation bereits hinter Zwingli zurück. Doch ist er als Theologe maßgeblich am Erfolg der Disputation beteiligt und begleitet Zwingli zur Disputation nach Marburg (1529). In Zusammenarbeit mit Martin Bucer betreibt er die kirchliche Erneuerung der süddeutschen Städte Ulm, Memmingen und Biberach.

Zwiespältig erscheint Oekolampads Haltung in der Frage der Wiedertäufer. Einerseits predigt er hartes Vorgehen gegen sie, andererseits versucht er immer wieder, Wiedertäufer zum „rechten Glauben“ zu bringen und den Vollzug des Todesurteils zu verhindern. Jedenfalls zeigt er sich nie bereit, eine Koexistenz zu dulden - weder mit den Täufern noch mit den Katholiken - und nie spricht er sich gegen die gewaltsame Verfolgung der Täufer aus.

Oekolampad ist kein Volksführer und kein Begründer einer besonderen protestantischen Kirche. Aber durch seine geistige Leistung und Ausstrahlungskraft zeigt er bedeutende Wirkung. Von seinen Zeitgenossen erhält er etliches Lob und Anerkennung als theologischer Lehrer und Organisator. So schreibt Max Bertschi beim Tode von Oekolampad an Bullinger von ihm als „unvergleichliche Säule aller Frömmigkeit und Bildung“, oder Bucer urteilt über Oekolampad: „einen größeren Theologen als ihn besaßen wir wahrlich nicht“.

Oekolampads Bedeutung beruht einerseits auf seinem Werk, das sich aus Editionen, Kommentaren und systematisch-theologischen Schriften zusammensetzt und große Beachtung findet, andererseits in seinem Wirken als Prediger und Seelsorger. Basel wird zu einem Zentrum des Protestantismus und später berühmter Zufluchtsort ausländischer Glaubensflüchtlinge. Schließlich gewinnt seine Idee der Kirchenordnung durch Calvin eine weite Verbreitung und bleibt für diesen reformierten Protestantismus prägend.


Frauke Brauns