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Zwingli und Calvin
Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Zwingli und Calvin
Calvin hat bestritten, Zwingli in jungen Jahren näher gekannt zu haben. Er gelangte nur langsam zur Wertschätzung des "treuen Dieners Christi", wie er ihn nannte. Er hat Luther, Zwingli und Oekolampad gelesen, als er aber auf eine Warnung Luthers stiess, gab er die Lektüre der beiden Schweizer auf.
Der 25 Jahre jüngere Calvin hat dann allerdings verschiedene Gedanken Zwinglis übernommen, z.T. fast wörtlich. So zu Themen wie: Verwerfung der Bilder, weil Gott unsichtbar ist; Teile der Abendmahlslehre (das Opfer Christi ist ein für alle Mal geschehen); die klare Zurückweisung von Heuchelei und Aberglaube; Nachordnung des Glaubens gegenüber der Gnade; Betonung, dass Rechtfertigung nicht allein steht, sondern ein christusähnliches Leben (Heiligung) nach sich ziehen soll.
C.Schnabel am 07. April 2000 (bearbeitet)
Theologische Unterschiede
Als Zwingli das Evangelium entdeckte und zu der Einsicht gelangte, dass die biblische Lehre der mittelalterlichen Kirche widerspreche, musste er sich als Reformator der ersten Generation diesen Widerspruch erkämpfen. Jean Calvin hingegen gehörte der zweiten Generation an. Seine Bekehrung fiel wahrscheinlich in die Zeit nach Zwinglis Tod. Die Rechtfertigungslehre hatte für den Genfer Reformator bereits eine gewisse Selbstverständlichkeit, und die beiden grossen protestantischen Kirchen waren zu diesem Zeitpunkt schon einige Jahre von Rom losgelöst.
Calvin steht in seiner Theologie dem Zürcher Reformator sehr nahe, obwohl er nur zögernd zu einer Wertschätzung Zwinglis gelangte. Die grosse Ähnlichkeit ist nur schon daran erkennbar, dass die Kirchen in Zürich (Heinrich Bullinger) und Genf (Jean Calvin und Guillaume Farel) mit dem Consensus Tigurinus von 1549 ein gemeinsames Bekenntnis formulierten, dem sich später noch die anderen evangelischen Kirchen der Eidgenossenschaft angeschlossen haben. Im Consensus Tigurinus kam es schliesslich auch in der kontroversen Abendmahlsfrage zu einer Übereinkunft.
Nicht nur in der Abendmahlsfrage, sondern auch in anderen Details der christlichen Lehre gab es zwischen Zwingli und Calvin Unterschiede.
In der Abendmahlslehre vertrat Calvin eine Mittelposition. Wichtig war für ihn die Heilswirkung, die mit dem Abendmahl verbunden ist. Die Sakramente seien zwar keine Heilsmittel Gottes (wie bei Luther), meinte der Genfer Reformator, doch würden im Abendmahl Leib und Blut Christi dargeboten. Diese Gabe werde allerdings nur durch den Heiligen Geist vermittelt und im Glauben empfangen.
Für Zwingli gehörte, neben und nach der Gerechtmachung aus Glauben, die christliche Nachfolge zur wahren Religion. Auch Calvin betonte die christliche Lebensführung (Heiligung des Lebens) und räumte dieser in seiner Theologie einen selbständigen Platz ein. Möglicherweise war bei ihm die Ethik noch stärker betont als bei Zwingli.
Schliesslich wäre der Unterschied in der Lehre von der Erwählung (Prädestination) zu nennen. Sowohl für Zwingli als auch für Calvin ist klar, dass der Mensch nicht wirklich über einen freien Willen verfügt. Der Mensch kann sein Glück nicht selber wählen, sondern es ist Gott, der ihm das Heil schenkt. Gemäss Zwingli erwählt die Barmherzigkeit Gottes Menschen, worauf der gerechte Gott sie von ihrer Schuld freispricht und als seine Kinder adoptiert. Von den Verworfenen ist bei ihm nur am Rande die Rede. Zwingli lehrt nicht, dass Gott auch Menschen zur Verdammnis erwähle, während Calvin meint, dass Gottes Gerechtigkeit Menschen zur Verwerfung erwähle (doppelte Prädestination).
Ch. Scheidegger (6. März 2001)