THEOLOGIE VON A BIS Z
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Calvin und die adeligen Frauen im französischen Protestantismus III
Von Rosine Lambin, München
1. Die Politik und die Methode Calvins
A. Die Überzeugung Calvins
B. Die Strategie Calvins
2. Die Unabhängigkeit der Frauen
A. Die Freiheit am Hof der Frauen
B. Theologische Argumente gegen Calvin
2. Die Unabhängigkeit der Frauen
A. Die Freiheit am Hof der Frauen
Auch Renée de France stritt sich mit Calvin. Sie befand sich in einer schwierigeren Lage als ihre Cousine, weil Teile ihrer Familie entweder Vasallen des Papstes waren oder an der Spitze der katholischen Partei in Frankreich standen. Nach dem Tod ihres Ehemannes Ercole von Este (1508-1559) im Jahre 1559 wurde Renée vor die Wahl gestellt, entweder die katholischen Riten mitzuvollziehen oder Ferrara zu verlassen. Im Laufe des Konzils von Trient (1545-1563) wurde die Reformation in Ferrara, Modena und dem Rest Italiens ausgerottet. Es war dem Sohn Renées, Alfonso II. (+ 1597), nicht mehr möglich einer Prinzessin zu erlauben, in der Öffentlichkeit ein häretisches Leben in einem päpstlichen Vasallenstaat zu führen. Calvin sprach sich aber gegen die Rückkehr Renées nach Frankreich aus[6]. Seine Gründe waren, daß Renée die letzte Hoffnung für die Reformation in Italien war, daß, wenn Renée nach Frankreich zurückkehren würde, ihre Verwandten Guise ihren Namen gegen die Protestanten benutzen könnten, und letzlich, daß Renées protestantische Überzeugung nicht fest genug war. Renée kehrte trotzdem nach Frankreich zurück. Ab 1561 war François Morel für die Gemeinde von Montargis in Renées Gebiet verantwortlich. Renée wollte ihr Herrschaftsgebiet ohne Gewalt reformieren und jagte daher keine Katholiken aus dem Land. Morel durfte aus diplomatischen Gründen in seiner Predigt nicht den Papst und die Bilder beleidigen[7]. Er versuchte trotzdem, die Genfer Ordnung in Renées Gebiet einzuführen[8] und stritt sich mit der katholischen Bevölkerung über die Messe. Daß Calvin sich bei René für Morels Eifer entschuldigte, deutet an, daß Renée darüber vermutlich eine harsche Diskussion mit Morel hatte[9].
Ab 1562 engagierte sich Renée deutlicher für die protestantische Bewegung, behielt aber eine gute Beziehung mit Katharina von Medici bei und behandelte die Katholiken in ihrem Territorium schonend. Sie hatte wahrscheinlich nie die Absicht gehabt, die Genfer Ordnung in ihrem Gebiet zu etablieren. Calvin gibt selbst Hinweise für diese Hypothese[10]. Als er sie in einem Brief vom 8. Januar 1564 ermutigte, ihre Reform weiterzuführen, schrieb er auch, daß er sicher sei, daß Renée dem Pastor Morel ihre volle Unterstützung gab, der solch eine Ordnung in ihrem Gebiet organisieren wollte. Aber Calvin wußte auch, daß die Höfe der Prinzen zur Korruption neigten. Deswegen dachte er, daß es nicht überflüssig wäre, Renée wieder zu ermahnen, diese Ordnung zu erhalten. Er redete ihr auch zu, die Leute, die sie entmutigen wollten, wie die Pest zu meiden, und nichts von der Ordnung der [reformierten] Kirche zu verändern. Sie sollte auch nicht versuchen, ihre Dienstleute mit Hilfe ihrer Autorität vor der Sittenzucht der Kirche zu beschützen. Calvins Mahnungen unterstreichen Renées Zögern. Die Prinzessin blieb unentschieden.
B. Theologische Argumente gegen Calvin
„Herr Calvin, einer der Geistlichen reizte mich zu einem teuflischen Haß, den Gott nicht befahl. Ich werde nicht leugnen, daß David sagt, daß wir die Feinde Gottes mit einem tödlichen Haß hassen müssen [Psalmen 139:19-22] und wenn ich wüßte, daß der König, mein Vater, und die Königin, meine Mutter, mein verstorbener Gemahl und alle meine Kinder von Gott verdammt wären, würde ich sie alle mit einem tödlichen Haß hassen und sie in die Hölle wünschen. Ich würde dem Willen Gottes ganz Folge leisten, wenn er mir diese Gnade erweisen würde [...]. Ich weiß, daß mein Schwiegersohn Menschen verfolgt hat, aber ich sage Ihnen in aller Freiheit, daß ich nicht weiß, ob er von Gott verdammt ist, weil er Zeichen der Reue erkennen ließ, bevor er starb. Diejenigen, die sich für die Führer der Protestanten, also für den König von Navarra [Henri] und den Prinzen von Condé, eher David anstatt Christus als Vorbild wünschen, pervertieren die Wahrheit mit ihren unverschämten Lügen. [...] Ich bitte Sie, Herr Calvin, zu Gott zu beten, er möge Ihnen die Wahrheit zeigen. Wenn es zum Gebet kommt, habe ich von meinen Geistlichen oder jemand anderem niemals verlangt, daß sie für mich beten. Ich habe ihnen freigestellt, zu beten, wie sie es mit ihrer Gewissensfreiheit vereinbaren konnten“ [17].
Rosine Lambin, Dr. phil., Evangelisches Bildungswerk München e.V.
Rosine Lambin, Calvin und die adeligen Frauen im französischen Protestantismus, online Version Juli 2008, URL: http://www.reformiert-info.de/side.php?news_id=2304&part_id=0&navi=16
Gedruckte Veröffentlichung in: Klueting, Harm & Rohls, Jan (Hg.): Reformierte Retrospektiven, Vorträge der zweiten Emder Tagung zur Geschichte des reformierten Protestantismus, Band 4, Foedus-verlag, Wuppertal, 2001, ISBN 3-932735-51-X.
[1] Am 24. Dez. 1560 in Pau schwor sie der römischen Religion ab, las ihr Glaubensbekenntnis laut und nahm das protestantische Abendmahl, danach schickte sie einen Bekenntnisbrief zum König Charles IX. Vorher hatte sie eine « private » Religion in ihren Gemächern ausgeübt, in denen sie protestantische Geistliche predigen ließ.
[2] Bordenave, S. 108.
[3] Jean Calvin. Contre la secte phantastique et furieuse des libertins qui se nomment spirituelz, 1545. In: Opera Calvini, Bd. 7, S. 145-252.
[4] Calvin, Bd. 1, A la reine de Navarre, 28. Apr. 1545, S. 111-117.
[5] Abel Le Franc. Les idées religieuses de Marguerite de Navarre d’après son œuvre poétique. In: BSHPF XLVI (1897), S. 7-30, 72-84, 137-148, 295-311, 418-442, hier S. 131; Jourda, (995) S. 222.
[6] Calvin, Bd. 2, A la duchesse de Ferrare, 5. Juli 1560, S. 339.
[7] Opera Calvini, Bd. 18, S. 590; Rodocanachi, S. 336; Gil, S. 190.
[8] Opera Calvini, Bd. 18, S. 642; Rodocanachi, S. 346; Gil, S. 190.
[9] Rodocanachi, S. 396.
[10] Calvin, Bd. 2, 8 Jan. 1564, S. 547.
[11] Renées Beschwerden und Argumente werden ausschließlich durch Calvins Brief bekannt: Calvin, Bd. 2, 24 Jan. 1564, S. 553-557.
[12] Claude de Lorraine, 1. duc de Guise (1496-1550) war der Vater von Charles de Guise, cardinal de Lorraine, von François I. de Lorraine (1519-1563), 2. duc de Guise, Vater von Henri I., 3. duc de Guise, Chef der Liga, und von Marie de Guise und de Lorraine (1515-1560), Königin Schottlands, Mutter der Marie I. Stuart (1542-1587).
[13] Calvin, Bd. 2, 24 Jan. 1564, S. 553-557.
[14] Calvin, Bd. 2, S. 553
[15] Renées Antwort vom 21. März 1563 auf dem Brief Calvins vom 24. Jan. findet man in Théodore de Bèze. Histoire en brief de la vie et mort de Calvin. Bd. 5. o.O. Juli 1564, S. 404.
[16] Alle andere Briefe Renées an Calvin wurden zerstört.
[17] Bèze, S. 402. Übersetzt von Rosine Lambin.
[18] Léonard, S. 202.
[19] Sir Nicolas Throckmorton, Botschafter der Königin Elisabeth I.
[20] Calendar of State Papers, 1561.
©Dr. Rosine Lambin, München