Wallendorf Porzellan
„Rot und Blau Dresmer“
Wallendorfer Porzellan war im 18. und 19. Jh. in Ostfriesland beliebt, zumal das Geschirr aus Thüringen im Gegensatz zu dem edlen Meißner Porzellan am Dresdner Hof relativ preiswert war. In Inventaren gut situierter Familien aus jener Zeit finden sich Hinweise auf Blau- und Rot-Dresmer Porzellan. Dabei handelte es sich um die Dekore „Strohblume“ und „Pfingstrose“, die schon bald als landestypisch empfunden wurden. Die Motive selbst aber hatten mit Ostfriesland so wenig zu tun, wie der in Wallendorf hergestellte Scherben. Sie waren dem chinesischen Auftragsporzellan entlehnt, von dem es zuvor schon einiges in Ostfriesland gegeben hatte, nicht zuletzt wegen der 1751 von Friedrich dem Großen in Emden gegründeten ostasiatischen Handelskompagnie. Auch bei der Formgebung des Geschirrs, die dem Zeitgeschmack der Rokokoepoche entsprach, war es nicht anders. Die Formensprache dieser Zeit blieb vorherrschend und wurde traditionell in diesem Landstrich. Dass dies weniger dem Angebot, sondern vielmehr dem Geschmack in Ostfriesland geschuldet war, wird nicht zuletzt auch den Arbeiten der hiesigen Gold- und Silberschmiede deutlich. Der einige Zeit für den Hof Friedrich des Großen in Berlin tätige Hermann Neupert (1727–1807) aus Norden fertigte Kaffeekannen in der für die Rokokozeit typischen Birnenform und zierte sie mit Rocaillen. Auch er orientierte sich nicht an der zeitgemäßen Formgebung, sondern blieb dem Zeitgeschmack des preußischen Hofes treu. Selbst ein mit Rocaillen verziertes Besteck, das erst im 19. Jahrhundert hergestellt wurde, galt schon bald als „ostfriesisch“ und wird in dieser Form bis heute hergestellt. Es stellt sich die Frage, ob nicht das Dekor und die Formensprache des traditionell gewordenen Gebrauchsporzellans in Ostfriesland eine Reminiszenz an die Zeit vor 1815 war, als Ostfriesland noch zu Preußen gehörte? Es würde vielleicht zu weit gehen, wollte man darin sogar ein politisches Statement erblicken.
Auch in der Familie Brahms gab es Wallendorfer Porzellan. Bernhard Brahms bewunderte es einst in den Schränken seiner Großmutter und erbte später auch einige Stücke davon, die den Grundstein für eine der – zumindest in Ostfriesland – größten Sammlungen bildeten.